Samstag, 31. Dezember 2016

Walter Rollers gelebter Populismus

Walter Roller hat in der Augsburger Allgemeinen am 31.12. einen Leitartikel veröffentlicht zu der Spaltung der Gesellschaft angesichts der Flüchtlinge:


Der Leitartikel ist weniger wegen des Inhaltes, sonder wegen des Unterschiedes zum gestrigen Leitartikel von Walter Roller interessant.

Janus?

Im gestrigen Leitartikel brachte Walter Roller eine Definition, nach der Populismus "durch Dramatisierung der politischen Lage die Gunst der Massen" gewinnen wolle und das Volk von "den Eliten hinters Licht" geführt und verraten würde. Er forderte eine Politik auch für den konservativen, "an traditionellen Werten hängende, auf Recht und Ordnung pochende Teil der Bevölkerung". Der Leitartikel kann deshalb als Plädoyer für mehr konservative Elemente in der Politik verstanden werden.
In seinem heutigen Leitartikel hingegen setzt er genau jede Methoden ein, die er gestern als populistisch eingeordnet hatte.

Dramatisierung der Lage

Eine Dramatisierung findet nicht erst statt, wenn völlig übertrieben wird. Eine Dramatisierung kann auch durch geschickte Wortwahl, durch Gewichtungen im Vortrag erfolgen. Im Gegensatz zum reinen Benennen von Problemen werden die Probleme besonders drastisch, mit negativ konnotierten Vokabeln dargestellt. Hier Auszüge aus dem heutigen Leitartikel (Hervorhebungen von mir):
"Die Völkerwanderung in Richtung Europa wird uns auch im Wahljahr 2017 in Atem halten, das Land auf Jahrzehnte hinaus umtreiben und auch verändern"
"Das historische Experiment einer den Deutschen von oben herab verordneten Massenzuwanderung birgt sowohl langfristige Chancen als auch eminente, bereits akute Risiken."
"Wie das alles eines Tages endet, ist ungewiss."
"Es hängt in hohem Maße davon ab, ob die Regierenden zu jener Weitsicht und jenem Realitätssinn fähig sind, die sie 2015 im Überschwang der 'Willkommenskultur' vermissen ließen."
"Die Probleme, die von einer sehr großen Koalition lange verniedlicht wurden, kommen jetzt in voller Schärfe zum Vorschein." 
"Deutschland ist unsicherer geworden, weil über die offenen Grenzen auch Islamisten und Kriminelle gekommen sind und die Identität Zehntausender unbekannt ist." 
"Das ist eine famose, weltweit bewunderte Leistung, die von großer Hilfsbereitschaft zeugt und – nebenbei gesagt – sehr viel Geld erfordert, das an anderer Stelle fehlt." 
"Und weil der Zustrom dank der Schließung der 'Balkanroute' und der Bestellung Erdogans zum EU-Grenzwächter stark nachgelassen hat und heuer wohl 'nur' (in Anführungsstrichen, Anm.) noch mit rund 300 000 Neuankömmlingen zu rechnen ist, hat sich die Lage entspannt."
"Doch gelöst ist damit nichts. Mehr als ein erster kleiner Schritt ist nicht getan, um diese immense Herausforderung zu meistern."
"Aber sein Fall zeigt auch, wie das liberale, nur für Verfolgte gedachte Asylrecht missbraucht wird und wie schwer sich der Staat tut, straffällige oder nach viel zu langen Verfahren abgelehnte Asylbewerber aus dem Land zu befördern."
"Und wie steht es überhaupt, um nur ein weiteres Problem zu nennen, um die Bereitschaft dieser Gesellschaft, ihre Regeln durchzusetzen und die Verfestigung von Parallelgesellschaften zu verhindern?" 

Verräterische Eliten

Die Eliten müssen nicht mit dieser Vokabel bezeichnet werden, um als volksfern, als Verräter am Volkswillen zu erscheinen. Auch hier kann der gewünschte Effekt durch geschickte Wortwahl und Gewichtungen erfolgen. Die passenden Auszüge aus dem heutigen Leitartikel (Hervorhebungen von mir):
"Das historische Experiment einer den Deutschen von oben herab verordneten Massenzuwanderung birgt sowohl langfristige Chancen als auch eminente, bereits akute Risiken."
"Es hängt in hohem Maße davon ab, ob die Regierenden zu jener Weitsicht und jenem Realitätssinn fähig sind, die sie 2015 im Überschwang der 'Willkommenskultur' vermissen ließen."
"Die Probleme, die von einer sehr großen Koalition lange verniedlicht wurden, kommen jetzt in voller Schärfe zum Vorschein."

Rechts oder konservativ?

Eine konservative Politik hat ihre volle Berechtigung im politischen Spektrum. Aus einer solchen Haltung heraus werden bestimmte Positionen vertreten, Zusammenhänge als wahr erachtet und darauf aufbauend bestimmte Entscheidungen als Lösungen gefordert. Da liegt es in der Natur der Sache, dass es an einzelnen Stellen Berührungspunkte geben kann mit den rechten Kräften im Land. Wahrscheinlich ist vieles richtig an der Feststellung, nicht alle Konservativen sind Rechte, aber alle Rechten sind konservativ. Vor wenigen Tagen erst hat Rudi Wais darauf hingewiesen, nicht jeder Konservative gehöre "sofort in die rechte Ecke". Allerdings muss die Frage erlaubt sein, wo die Grenze ist zwischen Rechten und Konservativen, wenn sich neben Teilen der politischen Inhalte sogar die Methoden annähern. Walter Roller liefert eine Reihe an Beispielen für Formulierungen, die einer rechten Feder entsprungen sein könnten. Ein besonders augenfälliges sei hier genannt, bei dem der Regierung fehlender Realitätssinn und Verniedlichung von Problemen vorgeworfen wird.
Walter Roller schreibt:
"Es hängt in hohem Maße davon ab, ob die Regierenden zu jener Weitsicht und jenem Realitätssinn fähig sind, die sie 2015 im Überschwang der 'Willkommenskultur' vermissen ließen. [...] Die Probleme, die von einer sehr großen Koalition lange verniedlicht wurden, kommen jetzt in voller Schärfe zum Vorschein. [...] Deutschland ist unsicherer geworden, weil über die offenen Grenzen auch Islamisten und Kriminelle gekommen sind und die Identität Zehntausender unbekannt ist. [...] Sie wird dafür bei der Wahl 2017 geradestehen und bis dahin versuchen, das Vertrauen vieler Bürger mit einer gründlich korrigierten, härteren Asyl- und Sicherheitspolitik zurückzugewinnen."
Die NPD, so rechts, dass ein Verbotsverfahren läuft, schreibt ohne Datumsangabe:
"Nachdem Bundeskanzlerin Angela Merkel erst kürzlich ihre fatale 'Wir-schaffen-das'-Äußerung wiederholte und damit einmal mehr ihre Beratungsresistenz unter Beweis stellte, scheint sie der Realität nun vollends entrückt zu sein. Laut Merkel bestehe kein Zusammenhang zwischen der massiv gewachsenen Terrorgefahr und dem historisch beispiellosen Asylzustrom der letzten Monate. [...] Merkel hat mit ihrer verantwortungslosen Entscheidung vom 5. September 2015, hunderttausende Zuwanderer unregistriert nach Deutschland einreisen zu lassen, die Büchse der Pandora geöffnet. Über Monate hinweg strömten täglich bis zu zehntausend Menschen nach Deutschland, ohne dass die Sicherheitsbehörden wussten, wer sie waren, woher sie kamen und was sie in unserem Land vorhaben. [...] Merkels Ignoranz lässt nur zwei Deutungen zu. Entweder sie hat den Bezug zur Realität vollends verloren oder aber sie lügt den Bürgern dreist ins Gesicht."
So wie von Muslimen immer wieder gefordert wird, sie müssten sich als Islamanhänger von den islamistischen Islampervertierern abgrenzen, ist es in Anbetracht solcher Leitartikel auch notwendig, die Abgrenzung zwischen Konservativen und Rechten klar zu machen. Ist Walter Rollers Leitartikel noch ein konservatives Plädoyer oder schon versteckte rechte Propaganda?

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