Dienstag, 24. Januar 2017

Jürgen Marks Ausblick

Jürgen Marks hat in der Augsburger Allgemeinen am 24.1. einen Leitartikel veröffentlicht zu Manipulationsmöglichkeiten durch Tricks auf Twitter und Facebook:


Jürgen Marks schreibt:
"Egal ob Radio, Fernsehen oder Zeitungen – Medien sahen und sehen es als ihre Aufgabe, die Mächtigen zu kontrollieren und Wählern eine faire Grundlage für ihre Entscheidung zu geben."
Fairerweise sollte erwähnt werden, dass auch die genannten Medien nicht ganz frei sind von Meinungen. So gab und gibt es eher konservative Zeitungen, eher liberale, eher sozialdemokratische etc. Sie informieren über und bewerten das Geschehen aus ihrer jeweiligen Perspektive. Manches Medium war strenger in der Trennung von Information und Meinung, manch anderes weniger. Wer zum Beispiel nur eine konservative Zeitung las, stecke auch in einer Art Filterblase. Jürgen Marks beschreibt die Blase so:
"Durch die Algorithmen der Netzwerke bekommen Nutzer nur noch angezeigt, was sie interessiert oder welche Meinung sie ohnehin vertreten. Andere Ansichten werden herausgefiltert. Statt den Wettstreit der Argumente zu verfolgen, wird die eigene Meinung verstärkt. Wenn Menschen nur noch in ihrer Filterblase leben, fehlt der Austausch mit Andersdenkenden. Das verhärtet die Fronten."
Der große Unterschied zur Filterblase über z.B. Zeitungen ist, dass den Konsumenten die Filterung weniger bewusst ist: Ich könnte eine zweite Zeitung abonieren, wenn ich mich zu einseitig informiert fühle. In sozialen Medien wird mir jedoch von intransparenten Algorithmen, die zum Betriebsgeheimnis des Plattformanbieters gehören, Information präsentiert. Wer es selbst ausprobieren möchte, kann auf www.google.de den gleichen Suchbegriff eingeben wie auf www.startpage.com. Beide benutzen Suchalgorithmen von Google, bei startpage jedoch anonymisiert.
Jürgen Marks beschreibt die Probleme der "digitalen Wahlkampf-Tricks":
"Denn die digitale Welt gibt Politikern einen bislang unbekannten Werkzeugkasten schmutziger Tricks an die Hand, die Wahlen entscheiden können. Trump hat virtuos auf dieser Klaviatur gespielt. Er hat von Fake News profitiert und mit Social Bots (Roboter-Programme) die Stimmung manipuliert. [...] Fake News tauchen ungeprüft in den sozialen Netzwerken auf. Mal sind es üble Gerüchte, mal bösartige Falschmeldungen mit getürkten Absendern. [...] Bevor die Lüge dementiert werden kann, hat sie sich bereits tausendfach verbreitet."
Nicht nur Social Bots sondern Unmengen an Fragwürdigkeiten ab, auch "Redaktionen" von Handlangern können das erledigen. So hatte Barack Obama eine Vielzahl von Unterstützern, die für ihn die Klaviatur bespielten. Es ist weniger ein Problem, dass Falschnachrichten auftauchen. Das Problem ist, dass sie sich rasend schnell verbreiten, viel schneller als eine Richtigstellung. Das Problem ist, dass die Medien, die sich um qualitätsvolle Berichte bemühen, teilweise als Lügenpresse verschrien sind. Das Problem ist, dass recherchierte Nachrichten den alternativen Fakten hinterherlaufen. Das Problem ist, dass sich in den sozialen Medien Neuigkeiten von Freund zu Freund verbreiten und deshalb als vertrauenswürdig gelten. Das Problem ist, dass eine Diskussion nicht notwendig ist, wenn als naheliegende Reaktion das "liken" nur einen Mausklick entfernt ist. Das Problem ist, dass soziale Medien für manche Gruppen bereits das Hauptmedium für Informationen sind, auch wenn andere Medien nicht als "Lügenpresse" gelten, wie beispielsweise Dr. Ulrike Wagner in einem Gastbeitrag zeigt. Das Problem ist, dass manche sich gegen Richtigstellungen immunisieren und sogar Verschwörungstheorien nachhängen, wie der Leserbrief von Diana Wagner zeigt:


Diana Wagner weist richtigerweise auf die technischen Möglichkeiten der Bildmanipulation hin. Sie zieht jedoch den Schluss, dass sich aufmerksamen Beobachtern "auch andere Möglichkeiten" eröffnen als der Glaube an die Richtigkeit der Bilder. Eher wird an eine Verschwörung aller Bilderproduzenten gedacht als an die Richtigkeit der Bilder.
Auf die notwendige Frage, was zu tun sei, schreibt Jürgen Marks:
"Niemand hat bislang eine Idee, wie die drohende Spirale der digitalen Tricks gestoppt werden kann. Verbote von Social Bots werden so wenig helfen wie eine Selbstverpflichtung von Facebook, Fake News künftig zu bekämpfen. Das Netzwerk hat täglich weltweit 1,8 Milliarden Nutzer. Wer soll diesen Flohzirkus kontrollieren?"
Ja. Eine Selbstverpflichtung von Facebook ist den Teufel mit dem Belzebub austreiben. Eine staatliche Zensurbehörde ist demokratisch fragwürdig - China lässt grüßen. Was bleibt ist der mündige Wähler. Ihm muss klar sein, wie soziale Medien funktionieren. Ihm muss klar sein, wie einseitig die dortigen Informationen sein können. Ihm muss klar sein, dass sein confirmation bias dazu führt, dass er bestätigende Nachrichten sucht und widerstrebende ablehnt. Ihm muss klar sein, dass er Unwahrheiten aufsitzen kann. Ihm muss klar sein, dass er selbst aktiv werden muss, will er mündiger Bürger werden oder bleiben. Ihm muss klar sein, dass er nur als mündiger und medienkompetenter Bürger dem Missbrauch durch die Petrys, Trumps, Le Pens und Straches dieser Welt entrinnen kann. Ihm muss klar sein, dass auch seine Kinder das wissen und anwenden können müssen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen