Sonntag, 4. Juni 2017

Hauptsache Zielgruppe

Jürgen Marks hat in der Augsburger Allgemeinen am 3.6. einen Leitartikel veröffentlicht zur Ankündigung von Donald Trump, aus dem Pariser Klimaschutz-Abkommen auszusteigen:


Jürgen Marks schreibt:
"Die internationale Bestürzung über diesen Schritt ist gerechtfertigt. Das hat vor allem drei Gründe: Erstens hatte man Donald Trump die Konsequenz, einen so wichtigen globalen Vertrag zu kündigen, nun doch nicht zugetraut. Zweitens befürchten die Staatenlenker negative Auswirkungen auf die globale Erderwärmung. Und drittens gibt es die böse Vorahnung, dass Trumps Klima-Stinkefinger tatsächlich für den Beginn einer neuen Weltordnung stehen wird."
Die Konsequenz des trumpschen Handelns mag tatsächlich überraschen, zumal er in seiner bisherigen Amtszeit durch wechselnde Ansichten glänzte. Mike Allen sieht hinter dieser Konsequenz eine Rückbesinnung auf die Kernwähler und führt zur "obsession with his core voters" weiter aus:
"But the biggest reason was all about that base: Using the muscle memory from the campaign, Trump is increasingly obsessed with his core voters. Officials explain that Trump and his inner circle learned in the darkest days of the campaign that they could power through by doubling down and focusing on the the base, so they're bringing those instincts to government."
Zu dieser Ansicht passen die Ausführungen von Jürgen Marks. Trump trampele "auf allem rum, was Europa wichtig ist", er nennt "Geisterfahrt", was Trump an politischen Entscheidungen getroffen hat. Noch geisterhafter wird das Ganze, wenn stimmt, was U.N. Botschafterin Nikki Haley in einem Interview gesagt hatte, über das beispielsweise von CBS News berichtet hat:
"'That seems to be a difference from what the president has said,' Dickerson replied, noting that Mr. Trump once called climate change a hoax. 'So you're saying that's not true, he believes in man-made climate change?'
'The president believes the climate is changing,' Haley repeated, 'And he does know that pollutants are a part of that equation.'"
Obwohl Trump an den Klimawandel glaube, habe er sich für den Ausstieg aus dem Pariser Abkommen entschieden. Während einerseits große US-Unternehmen einen Ausstieg ablehnten, berichtet die NY Times über Zustimmung von Seiten kleinerer Unternehmen:
"While multinational corporations such as Disney, Goldman Sachs and IBM have opposed the president’s decision to walk away from the international climate agreement, many small companies around the country were cheering him on, embracing the choice as a tough-minded business move that made good on Mr. Trump’s commitment to put America’s commercial interests first."
Jürgen Marks nennt das Schauspiel "Donald gegen den Rest der Welt", bezichtigt - wohl zu recht - Trump des "Egoismus" und traut im zu, "dass er seine diplomatische Unfähigkeit entschlossen weiter in Szene setzt und es zu neuen Verwerfungen kommt". Ja, damit wird zu rechnen sein. Im Wahlkampf hat Trump gegen das Establishment gewettert, Mike Allen sieht ihn an der Seite seiner Kernwähler. Das zusammen ergibt ein Bild, zu dem der Stinkefinger gut passt. Der Rest der Welt wird lernen müssen, mit einem stinkefingernden US-Präsidenten zu leben. Immer bestürzt zu sein, wenn Trump aus äußerst kleingeistigen Überlegungen heraus eine politische Entscheidung trifft, schadet nur dem Blutdruck, wird weder an Trump noch an den Entscheidungen etwas ändern. Immerhin bleibt ein Trost, auf den Jürgen Marks in seinem Leitartikel hinweist:
"Am Ende kann Trump den Trend zu einer gesünderen Umwelt zwar verlangsamen, aber nicht stoppen. So mächtig ist der amerikanische Präsident nun auch nicht."
"Spätestens dann sind auch wieder Präsidentschaftswahlen in den USA. Bis dahin sind noch dreieinhalb Jahre Zeit. Das werden vermutlich keine guten Jahre für die Weltbevölkerung. Wichtig ist, dass sie vorbeiziehen, ohne dass die Schäden tatsächlich irreparabel werden."
Es wird zu beobachten sein, wie lange sich ein Präsident im Amt halten kann, der so strikt an seine Zielgruppe angelehnt Politik betreibt und alle anderen Gruppen schlicht ignoriert. Es wäre überraschend, wenn die Gruppe der Kernwähler tatsächlich die Mehrheit stellte. Trump mag in einem demokratischen Verfahren an die Macht gekommen sein. Wenn er nun nur für eine Minderheit Politik macht, ist das demokratisch bedenklich.

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