Montag, 3. April 2017

CSU und die Familie

Die Augsburger Allgemeine hat am 3.4. einen Bericht veröffentlicht zu dem Versprechen von Horst Seehofer, nach der Bundestagswahl im September mehr für Familien zu tun:


Bild listet die zur Diskussion stehenden Varianten auf:
"* Einmalige finanzielle Hilfen für junge Paare für Anschaffungen vom Kinderwagen bis zur Babyausstattung
* Ein Kindersplitting mit höheren Steuerfreibeträgen für jedes Kind
* Die Einführung eines Bildungskontos, auf das der Staat bei der Ausbildung Gelder überweist
* Die schrittweise Abschaffung von Kita-Gebühren
* Die Reduzierung von Sozialversicherungsbeiträgen für Familien mit geringen Einkommen."
Die CSU will die Kita-Gebühren abschaffen und schafft es dabei nicht, den Bedarf an Kita-Plätzen zu decken. Seit 2013 haben Eltern einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz und das Institut der Deutschen Wirtschaft stellt in einem Artikel vom 30.12.2016 fest, dass fast 230.000 Plätze fehlen. Für Bayern weist die Untersuchung eine Unterdeckung von etwa 33.000 Plätzen aus.
Ich wundere mich, dass die CSU plötzlich ihr Herz für Familien entdeckt. Denn Ende Dezember 2016 hieß es in einem Bericht der Augsburger Allgemeinen noch:
"Der Nachzug von Angehörigen anerkannter Flüchtlinge stellt viele Kommunen nach Einschätzung Singhammers (Bundestagsvizepräsident, CSU; Anm.) vor eine 'außerordentlich große Herausforderung'. 'Irgendwann werden vielleicht nicht mehr genügend Wohnraum, Lehrer und Erzieher vorhanden sein. Wir müssen alles tun, dass die Integrationsfähigkeit gewahrt bleibt', sagte er der dpa."
Die Frankfurter Allgemeine berichtete ebenfalls darüber und betont, dass es vor allem um syrische Flüchtlinge mit einer hohen Anerkennungsquote von 99,9% gehe. Der Bericht titelt mit Singhammers zitierten Worten:
"Familiennachzug größeres Problem als neue Flüchtlinge"
In der Welt wird am 14.10.2015 der CSU-Politiker Hans-Peter Uhl zitiert mit den Worten:
"'Wir müssen den Familiennachzug begrenzen. Dabei will ich keine Personengruppen von vornherein ausschließen, auch nicht die Menschen aus Bürgerkriegsgebieten wie Syrien, die ja ohnehin nur ein zeitlich begrenztes Bleiberecht erhalten', sagte der Innenexperte Hans-Peter Uhl der 'Welt'. Uhl hält die Zahl der Menschen sonst für nicht mehr beherrschbar."
Was gilt denn nun? Sind Familien und Nachwuchs so positiv, dass eine milliardenschwere Förderung angezeigt ist? Oder sind Familien und ihr Nachwuchs ein immens großes Problem? Geht es am Ende vielleicht um die richtigen Familien? Die guten ins Töpfchen, die schlechten in Ausländerwohnheime und Transitzonen?
In einer Veröffentlichung des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend mit dem Titel "Familien mit Migrationshintergrund - Analysen zur Lebenssituation, Erwerbsbeteiligung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf" zeigt sich, welche Sozialleistungen von Familien mit bzw. ohne Migrationshintergrund genutzt werden:


Auffällig ist, dass die steuerlichen Förderungen wie Kinderfreibetrag und Splitting von Familien mit Migrationshintergrund deutlich weniger genutzt werden als von Familien ohne diesen Hintergrund. Es ist bestimmt Zufall, dass die CSU mit steuerlichen Mitteln Familien helfen möchte.
Ein anderer Aspekt könnte für die CSU relevant werden, wenn sie im Wahlkampf weiterhin die rechte Flanke absichern und das Terrain nicht der AfD überlassen will. In der Studie des Ministeriums wird ferner gezeigt, dass der Anteil der Mütter mit Migrationshintergrund in jeder angegebenen Altersgruppe höher ist als der Anteil der Mütter ohne diesen Hintergrund:


Das heißt also, dass Familien mit Migrationshintergrund eher von den Wohltaten profitieren werden. Auch ohne höcke'sche Böcke vom "Ausbreitungstyp", über die beispielsweise der Stern berichtet hatte, war die CSU in ihrem Leitantrag für den CSU-Parteitag am 20./21. November 2015 in München der Meinung:
"Es darf keine Zuwanderung in unsere Sozialsysteme geben.
Integration setzt Fairness und Gerechtigkeit auch gegenüber der Bevölkerung voraus, die schon hier lebt. Die Leistungen der sozialen Sicherungssysteme müssen sich daran messen. Wer schon lange bei uns ist und lange in unsere Sozialsysteme eingezahlt hat, muss am Ende besserstehen als derjenige, der gerade erst ins Land gekommen ist. Durch eine große Kraftanstrengung der Integration muss eine Zuwanderung in unsere Sozialsysteme verhindert werden" 
Wer im Wahlkampf mit dem Familienthema um Stimmen buhlt, gleichzeitig aber den Familiennachzug massiv einschränken will, macht sich unglaubwürdig in seiner Behauptung, die Familie stehe über allem. Aber das ist bestimmt ein Missverständnis meinerseits, da im Eingangs erwähnten AZ-Bericht keine Definition der Familie gegeben wurde. Dort liegt wahrscheinlich der Hund begraben. Das Familienbild der CSU lässt sich erahnen im Kontext der sog. "Homoehe": Homosexuelle könnten keine Familie sein, weil dafür Mann und Frau nötig seien. Dauerhaftigkeit, Beistand, Liebe etc. spielen eine nachrangige Rolle. Vielleicht erfährt der Familienbegriff der CSU für den Wahlkampf eine weitere Einschränkung, um die Widersprüche aufzulösen.

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