Mittwoch, 22. März 2017

Söder verheddert sich

Die Augsburger Allgemeine hat ein Interview veröffentlicht mit Theo Waigel und Markus Söder:


Ein paar Aussagen im Interview kann ich nicht unkommentiert stehen lassen.
"Söder: Bisher reden wir von 15 Milliarden Euro Entlastung im Jahr. Das ist der Einstieg. Natürlich gibt es Spielräume für mehr. Wenn ich sehe, dass wir eine Flüchtlingsrücklage von 20 Milliarden aufgebaut haben: damit könnte man sogar den Soli auf einmal abschaffen."
Es ist unklar, was er mit "Flüchtlingsrücklage" meint. Im Entwurf des Haushaltes für 2017, den das Bundesfinanzministerium veröffentlicht hat, ist die Rede von 19. Mrd. Euro für die Integration sowie die Bekämpfung von Fluchtursachen genannt. Vielleicht meint Söder dies. Die Frage ist, warum Söder die Flüchtlingskosten als Vergleichsmaßstab wählt. Warum nicht den Haushalt des Bildungs- und Forschungsministeriums in ähnlicher Höhe. Oder die Verkehrsinvestitionen, die mit knapp 13 Mrd. Euro geplant sind? Mit seinen Worten vermittelt er den Eindruck, die Kosten für Integration und Bekämpfung von Fluchtursachen wären disponibel, sogar entbehrlich.
"Söder: [...] Leistung muss sich lohnen. Deshalb wollen wir die kalte Progression abschaffen und die Nachteile ausgleichen, die die Bürger durch die Kombination aus Nullzinsen und steigender Inflation haben."
Seit wann ist es Aufgabe des Staates, die real nachlassende Rentabilität einer Anlage (Nullzinsen i.V.m. Inflation) auszugleichen? Das ist so, als würde der Staat einem Unternehmen mit unrentabel gewordenen Produkten den entgangenen Gewinn ersetzen. Und bitte was hat "Leistung muss sich lohnen" mit dem Ausgleich von Nachteilen "aus Nullzinsen" zu tun? Zinseinkünfte sind doch das Feindbild des hart Arbeitenden.
"Söder: Von der Abschaffung des Soli haben grundsätzlich alle Steuerzahler etwas. Vom Abbau der kalten Progression profitieren vor allem die kleinen und mittleren Einkommen. Wir wollen die hart arbeitenden Menschen entlasten."
Ja, alle Steuerzahler haben von der Abschaffung des Soli etwas. Die mit hohem Einkommen und deshalb hoher Einkommensteuer haben sogar viel davon. Ob vom Abbau der kalten Progression wirklich "vor allem die kleinen und mittleren Einkommen" etwas haben, wird sich zeigen müssen. Das hängt davon ab, wie der Abbau tatsächlich umgesetzt wird. Denn auch hier ließe sich eine Konstruktion finden, von der hohe Einkommen besonders profitieren.
"Söder: Wahlen klären so etwas auch. Natürlich muss sich die Forderung nach einer deutlichen Steuersenkung auch in einem Koalitionsvertrag wiederfinden."
Besonders freuen würde ich mich, wenn nicht nur die Forderung erwähnt würde im Vertrag, sondern als Regierungsziel für die Legislaturperiode verbindlich vereinbart würde. Papier soll geduldig sein, sagen manche.
"Söder: Natürlich sind die Bürger skeptisch. Diesmal allerdings ist die Lage etwas anders. In Bayern tilgen wir Schulden. Und der Haushalt des Bundes ist ausgeglichen. Es ist wirklich Geld da."
Bayern tilgt Schulden. Gut so. Der Bund soll Steuern senken. Warum nicht auch tilgen?
"Söder: Es war wichtig, dass die CSU klargemacht hat, dass sie in der Flüchtlingspolitik eine andere Position vertritt. Das Thema Zuwanderung und innere Sicherheit ist in Bayern das emotionale Top-Thema."
Söder führt den Beweis, dass die Einigkeit der CSU mit Merkels Flüchtlingspolitik nur bis zum Wahltag gespielt wird. Das ganze Hick-Hack wird nach der Wahl wieder aufleben. Söder sollte hoffen, dass das die Unionswähler das nicht als Drohung verstehen und der Wahl fernbleiben. Oder gar Schulz wählen.
"Söder: Natürlich müssen wir Prioritäten setzen. Es kann nicht sein, dass wir in Bayern im Jahr mehr Geld für Asylbewerber ausgeben, als die Etats des Wirtschafts-, des Gesundheits- und des Umweltministeriums zusammen ausmachen. Die Bürger haben kein Verständnis dafür, dass wir für unbegleitete Minderjährige rund 4000 Euro im Monat ausgeben, sie selbst aber für ihr Erspartes keine Zinsen bekommen und ihnen der Staat nicht mehr Netto vom Brutto lässt. Dieses Geld haben sich die Menschen hart erarbeitet."
Söder spielt Flüchtlinge gegen Bildung aus. Sparern präsentiert er das Feindbild der unbegleiteden Minderjährigen. Flüchtlinge stellt er als Schmarotzer hin, die sich ihr Auskommen nicht hart erarbeiten.

Wahlkampf! Mir graut's vor dir.

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