Sonntag, 19. März 2017

Bitte an Erdogan

Die Augsburger Allgemeine hat am 17.3. einen Artikel zu Erdogan und Cavusoglu veröffentlicht, die "weiter gegen Europa wettern":
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Am 18.3. findet sich ein Artikel über die Drohung der Türkei, das Flüchtlingsabkommen zu brechen:


Im gestrigen Bericht wird der türkische Außenminister zitiert, Europa dürfe nicht befehlen, sondern müsse bitten. Bitte sehr:

Sehr geehrter Herr Erdogan,
sehr geehrter Herr Cavusoglu,

ich richte ein paar Bitten an Sie, um die sich in letzter Zeit entwickelte Situation erträglicher zu machen:
  1. Bitte lesen Sie in Geschichtsbüchern über die Nazis, ihre Ideen, ihre Politik und ihre Verbrechen. So oft, wie Sie in letzter Zeit von Nazis und deren Methoden gesprochen haben, liegt der Verdacht nahe, Sie sitzen diversen Fehleinschätzungen auf. 
  2. Bitte gleichen Sie Ihr Verständnis von bestimmten Begriffen mit unserem Verständnis dieser Begriffe ab, damit wir Missverständnisse erkennen und ausräumen können. Einen Überblick über die Begriffe finden Sie in einer Kolumne von Florian Scheuba. Sollten Sie die Kolumne nicht verstehen, lassen Sie sich sie bitte erklären, bevor Sie sich aufregen.
  3. Bitte bedenken Sie, dass Meinungen, die von den Ihren abweichen, möglich sind. 
  4. Im politischen Miteinander ist es Usus, sich in jeder Situation so zu verhalten, dass die Beteiligten ihr Gesicht wahren können. Lautstärke verzerrt das Gesicht und beeindruckt nicht. Lautstärke mag beim Ziegenhüten hilfreich sein, Hundegebell auch. Im politischen Umgang ist beides unangenehm und fehl am Platze. Bitte, passen Sie Lautstärke, Tonfall und Wortwahl den internationalen Gepflogenheiten an.
  5. Wir verstehen bis zu einem gewissen Grad Ihre Erregung, da das von Ihnen gewünschte Ergebnis im Referendum nicht so sicher ist, wie Sie es gerne hätten. Bitte verzeihen Sie Europa, wenn wir Ihr Wahlwerben nur eingeschränkt unterstützen wollen.
  6. Ihr Innenminister verbittet sich Einmischungen in innere Angelegenheiten der Türkei, wenn sich Europa zum anstehenden Referendum oder zur Einführung der Todesstrafe in der Türkei äußert. Bitte betrachten Sie es als innere Angelegenheit Europas, wenn Europa Ihre aggressiven Auftritte zu einer inneren Angelegenheit der Türkei nicht unterstützen mag.
  7. Das Bundesverfassungsgericht hat kürzlich festgestellt, dass es keinen Anspruch auf Wahlwerbung in Deutschland zu ausländischen Wahlthemen auf der Grundlage der grundgesetzlichen Rede- und Meinungsfreiheit gibt. Diese Gerichtsentscheidung ist unabhängig von der Regierung getroffen worden. Wir nennen das Gewaltenteilung. Auch wenn es für Sie ungewöhnlich erscheint: Bitte machen Sie nicht die Regierung für dieses Urteil verantwortlich.
  8. Bitte besorgen Sie sich einen Anwalt, der Sie im Strafverfahren wegen §103 StGB vertritt. Sie haben Vertreter und Organe ausländischer Staaten (europäische Staaten, aus Sicht der Türkei also ausländisch) beleidigt. Falls Sie glauben, die Norm betrifft nur aus deutscher Sicht ausländische Vertreter und Organe: Seien Sie bitte nicht so pingelig in der Auslegung von Gesetzen. In der Türkei handhaben Sie dies auch großzügig.
  9. Bitte glauben Sie nicht, die leisen Reaktionen der deutschen Regierung seien ein Zeichen der Schwäche. Stärkere Reaktionen sind nicht nötig, weil es genügt, wenn ein Lokalpolitiker oder Gastwirt Ihnen die Bühne für Ihre geplanten Auftritte zu entzieht.
  10. Bitte glauben Sie Europa: Unsere Hallen sind in so schlechtem Zustand, dass wir Ihnen Ihre Gefährdung durch mangelnden Brandschutz, schlechte Lüftung oder defekte Toiletten nicht zumuten können. Wären wir Nazis, würden wir Sie geradewegs in solche Hallen locken.
  11. Bitte fangen Sie nicht schon wieder an, wegen des angeblich geringen Verständnisses in Europa für Ihre Aktionen nach dem Putsch alle als Terroristen zu bezeichnen. Im November habe ich Ihnen über mein Verständnis für Sie und dessen Grenzen geschrieben. Das gilt auch heute noch.
Mit freundlichen Grüßen
Stefan Deutzmann

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