Donnerstag, 3. August 2017

Höhere Mächte, absurd?

Rudi Wais hat in der Printausgabe der Augsburger Allgemeinen einen Kommentar veröffentlicht zu dem Bericht über eine vom EUGH gestoppte Abschiebung nach Moskau:


Rudi Wais schreibt:
"Kaum entschließt sich die Koalition, gefährliche Islamisten schneller und konsequenter auszuweisen, führt eine höhere Macht die neue Entschlossenheit schon wieder ad absurdum."
Die "höhere Macht" ist keine außerirdische, auch kein Verschwörungsklüngel wie die Illuminaten. Es ist der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte. Nun mag man über einzelne Entscheidungen dieses Gerichts geteilter Meinung sein, "ad absurdum" ist jedoch weit hergeholt und in diesem Falle völlig unangemessen. Denn: Der Gerichtshof hat nicht in der Sache entschieden, sondern nur vorläufig. Dazu eine Einordnung auf Legal Tribune Online:
"Derartige vorläufige Maßnahmen kann die Kammer des EGMR nach Art. 39 der EGMR-Verfahrensordnung auf eine Beschwerde hin ergreifen. Eine Entscheidung in der Sache ist dies allerdings nicht – nicht über Zulässigkeit der Beschwerde und schon gar nicht über die materiell-rechtlichen Fragen."
Rudi Wais erkennt an:
"Das ist ihr gutes Recht, ja."
Richtig. Das ist Rechtsstaatlichkeit nach unserem Verständnis. Das mag in anderen Ländern anders sein. In Deutschland gehört das zur Leitkultur. Auch wenn Rudi Wais schreibt:
"So nutzen ausgerechnet die Gegner unseres liberalen Rechtsstaats alle Möglichkeiten aus, die ihnen eben jener Rechtsstaat bietet."
Nochmals: Ja, das ist ihr gutes Recht. Rudi Wais weiter:
"Wenn der Gerichtshof für Menschenrechte in allen Fällen mit derart strengen Maßstäben misst, wird die Ausweisung von Gefährdern bald zur Farce: Theoretisch ist sie möglich, in der Praxis bleibt sie eine Illusion."
Wie oben zitiert, ist die Entscheidung des Gerichtshofes keine Entscheidung in der Sache. Der Gerichtshof hat nicht gemessen, wie uns Rudi Wais weiß machen will. Zu einer vorläufigen Maßnahme nach der EMGR-Verfahrensordnung sagt der Art. 39:
"(1) Die Kammer oder gegebenenfalls der Sektionspräsident oder ein nach Absatz 4 bestimmter Dienst habender Richter kann auf Antrag einer Partei oder jeder anderen betroffenen Person sowie von Amts wegen gegenüber den Parteien vorläufige Maßnahmen bezeichnen, die im Interesse der Parteien oder eines ordnungsgemäßen Verfahrensablaufs ergriffen werden sollten."
Es geht also um einen geordneten Verfahrensablauf oder um das Interesse der Parteien. Ein geordneter Verfahrensablauf ist die Grundlage jeglichen Rechtsstaats. Gegenbeispiele liefert derzeit die Türkei.
Der Kommentar von Rudi Wais liefert leider keinerlei Erkenntnis zum Fall. Er bedient eine Stimmung, wie sie die AfD schürt. Dabei zeigt der Fall, dass der Rechtsstaat funktioniert und über verschiedene Instanzen hinweg sich bemüht, Recht zu sprechen und dabei der Gerechtigkeit eine Stimme zu geben. Doch leider sind - wie so oft - die Schreihälse lauter.

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