Sonntag, 13. August 2017

Elektrisierende Quote

Die Augsburger Allgemeine hat am 12.8. berichtet, dass sich Kanzlerkandidat Martin Schulz für eine EU-Quote für Elektro-Autos einsetzt:


Die Elektro-Quote

Im Bericht wird ausgeführt:
"Die Quote solle nicht für die Autobauer gelten, sondern für Neuzulassungen, erläuterte Schulz seinen Vorschlag, der Teil eines Fünf-Punkte-Plans zur Zukunft des Automobilstandorts Deutschland ist. Der Staat müsse einen E-Auto-Anteil festlegen, etwa bezogen auf die Einwohnerzahl. Das sei ein Anreiz für die Autobauer, sich auf diesem Markt eine gute Position zu sichern. Kaufanreize sollten Kunden dazu bringen, E-Autos zu kaufen."
Weiter heißt es:
"Greenpeace nannte den Vorstoß ein 'richtiges Signal an Hersteller und Verbraucher'."
Signal für was? Dass die Verbraucher jetzt gefälligst anfangen sollen, die angebotenen Produkte zu kaufen? Zur Reaktion des Verbandes der Automobilindustrie VDA schreibt der Bericht:
"Der VDA zeigte sich dagegen skeptisch: Für die Elektromobilität gebe es 'wirksamere und marktwirtschaftlich überzeugendere Anreize'. Dazu zählten eine ausgebaute Lade-Infrastruktur und Privilegien für die Elektromobilität, etwa Parken in Innenstädten."
Das ist eine Fehleinschätzung des VDA. Die "ausgebaute Lade-Infrastruktur" ist eine Voraussetzung, damit Elektromobilität überhaupt funktionieren kann. Und die Privilegien? Sind das Täuschmanöver, um von der Unattraktivität der Produkte abzulenken? Und wie viele Elektroautos dürfen auf den Straßen unterwegs sein, um sich als Fahrer noch privilegiert zu fühlen?
Zu dem Bericht kommentiert Jürgen Marks:


Jürgen Marks schreibt:
"Und zum anderen ist die Forderung nach einer EU-Quote für Elektro-Autos ein Griff in die Mottenkiste der Planwirtschaft. Klüger wäre es im Sinne sauberer Luft, auf strengere Grenzwerte zu setzen. Ob die mit einem Zuwachs tatsächlich sauberer Diesel, Elektro-Autos, Brennstoffzellenantrieben oder Erdgas-Fahrzeugen erreicht werden, bliebe die freie Entscheidung der Autohersteller und ihrer Kunden."
Richtig, warum soll eine Quote das richten, was bisher an mangelndem Kundeninteresse krankt? Elektroautos sind zu teuer, die Ladeinfrastruktur ist nicht ausreichend, die Reichweite der Autos mag für Stadtverkehr genügen, der erste Ausflug wird jedoch bereits zum Abenteuer. An Urlaubsfahrten trauen sich nur Wagemutige. Die ersten Taschencomputer oder "PDA" wurden nicht von der breiten Masse genutzt. Erst ein überzeugendes Produkt schuf das Interesse vieler, sich mit einem Taschencomputer - inzwischen zum "Smartphone" gewachsen - auszustatten. Die aktuellen Elektroautos sprechen eine kleine Zielgruppe an. Für einen zukünftigen und breiten Erfolg muss sich die Industrie mehr einfallen lassen.

Einfallslose Industrie

Das Ganze ist ja reichlich konfus. Im März hat die Welt berichtet, Daimer wolle sich neu erfinden, weg vom Autohersteller und hin zu einem Mobilitätsanbieter.
"Auch andere Hersteller haben erkannt, dass die Zeiten vorbei sind, in denen die Welt den Atem anhielt, nur weil bei der North American Auto Show in Detroit oder beim Autosalon in Paris eine neue Konzeptstudie enthüllt wurde."
"'Die Welt der Automobilhersteller wächst zusammen mit der Welt der Digitaltechnik und der mobilen Daten', sagt der Branchenkenner Stefan Bratzel von der Fachhochschule der Wirtschaft in Bergisch Gladbach."
Weiter heißt es:
"'Es hat keinen Sinn, sich abzuschotten', erklärt Dieter Zetsche in Austin. Um den branchenübergreifenden Austausch fortzusetzen, will er im Herbst einen Ableger der SXSW zur IAA nach Frankfurt holen. Der Daimler-Chef ist davon überzeugt, dass sein Unternehmen alte Kunden halten und neue hinzugewinnen kann, wenn es überlegene Produkte und Dienstleistungen anbietet. Dabei sei es am Ende gar nicht wichtig, ob mehr Autos verkauft werden oder weniger."
Um so beachtlicher, dass auf dem Dieselgipfel lediglich ein Software-Update herausgekommen ist. Inzwischen haben sich die Hersteller zu sog. Umweltprämien durchgerungen, mit denen sie Besitzer älterer Diesel zu einem Neukauf animieren wollen. Dazu in einem Bericht der AZ:
"'Die Bürger sehen die Maßnahmen der Unternehmen mehrheitlich positiv', zeigte sich VDA-Präsident Matthias Wissmann in der 'Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung' überzeugt. Er gehe davon aus, dass die Umweltprämien eine spürbare Wirkung auf die Nachfrage haben werden."
Der VDA freut sich, dass die Nachfrage nach Euro-6-Dieseln spürbar zunehmen werde. Es geht also doch nur darum, mehr Autos zu verkaufen.
Angesichts drohender Fahrverbote für ältere Diesel ist es verständlich, dass Kunden diese Fahrzeuge los werden wollen und dafür bereit sind, Geld in neue Fahrzeuge zu investieren. Doch das hat weniger mit einem überlegenen Produkt zu tun, wie Zetsche meint. Es ist der Griff eines Ertrinkenden nach einem schwimmenden Holzbalken - Holzbalken sind keine überlegenen Produkte für die Fahrt auf dem Wasser.
Die Autoindustrie hat sich Zeit gekauft. Sie hat kein überzeugendes Zukunftskonzept für die Mobilität. Sie ist kein Mobilitätsanbieter. Sie sind weiterhin Autoverkäufer. Sie schläft weiter, obwohl sie bereits heftig wachgerüttelt wird.

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