Donnerstag, 29. Januar 2015

Augsburger Allgemeine vom 29.01.2015

Die Zeitung berichtet heute über die Pläne, Familien zu entlasten. Es soll das Existenzminimum steuerfrei gestellt und das Kindergeld erhöht werden:

Im selben Bericht wird auch "Bewegung [...] bei der kalten Progression" erwähnt und erklärt, die kalte Progression ergäbe sich "aus dem Zusammenspiel von ansteigendem Steuertarif und Inflation".
Das ist falsch. Daran ändert auch der Hinweis im heutigen Leitartikel nichts, der das Argument W. Schäubles anführt, "wegen der extrem niedrigen Inflation bestehe derzeit das Problem nicht". Die kalte Progression hat nichts mit Inflation zu tun, sondern lediglich mit Nominalwerten.
Ursächlich ist der steigende Steuertarif, der besagt, dass mit steigendem Einkommen der Steuersatz ebenfalls steigt. In einem einfachen Beispiel wird dies deutlich: Angenommen, bei einem Einkommen von 20.000€ betrage der Steuersatz 10%. Durch den steigenden Steuertarif soll bei einem Einkommen von 25.000€ ein Steuersatz von 15% gelten. In Zahlen:
  • 10% Steuern bei 20.000€ Einkommen ergibt eine Steuer von 2.000€
  • 15% Steuern bei 25.000€ Einkommen ergibt eine Steuer von 3.750€
Wäre der Steuertarif flach, würde sich also der Steuersatz nicht ändern bei einem höheren Einkommen, würden auch die 25.000€ mit 10% versteuert und es wären 2.500€ Steuern fällig.
Die kalte Progression zeigt sich in den fälligen Steuern. Statt 2.500€ sind 3.750€ zu zahlen. Das heißt, dass die Differenz des Einkommens von 5.000€ nicht mit 500€ zusätzlich, sondern mit 1.750€ zusätzlich besteuert wird. Der Staat hat am Einkommenszuwachs des Steuerzahlers überproportionalen Anteil.
Bei der Betrachtung ließe sich die Inflation berücksichtigen. Das hieße nur, dass die Kaufkraft der genannten Beträge abnimmt. Am Sachverhalt der kalten Progression ändert sich dadurch nichts.


Freitag, 23. Januar 2015

EZB und Desinformation durch eine Qualitätszeitung

Die Augsburger Allgemeine berichtet am 23.01. von der Ankündigung der EZB, über Anleihekäufe eine drohende Deflation in Europa zu verhindern. Bereits in der Überschrift werden  "die Geldschleusen" geöffnet und so ein negativer Eindruck erweckt. Der Bericht selbst stellt in der ersten Hälfte dar, was die EZB tun will und warum. In der zweiten Hälfte werden Reaktionen genannt. Allerdings beschränkt sich die Zeitung dabei auf die Reaktionen aus Deutschland, die allesamt negativ ausfallen.
Auf der Seite zwei kommentiert Walter Roller die Absicht der EZB. Da wird die Euro-Zone geflutet, die "Nuklearoption der Geldpolitik" gezogen, alles "auf Kosten der Sparer".
In der Ausgabe findet sich kein Hinweis darauf, dass die Erklärung der EZB auch positiv aufgenommen worden ist:
  • Der Standard berichtet: „Der Rat ist ein­stim­mig der Mei­nung, dass es sich bei den Wert­pa­pier­käu­fen um ein ge­wöhn­li­ches In­stru­ment der Geld­po­li­tik han­delt“. Kein Hinweis auf eine von Hr. Roller behaupteten Kompetenzüberschreitung. Zumal der Kauf von Anleihen ja offensichtlich zulässig ist, denn eine plumpe unzulässige Aktion in von Herrn Draghi nicht zu erwarten.
  • Es wird verschwiegen, dass die US-No­ten­bank Fed mit An­lei­hen­käu­fen ab Sep­tem­ber 2012 die US-Wirt­schaft et­was be­lebt hat. In Groß­bri­tan­nien wurden in den Jahren 2009 und 2010 ebenfalls Anleihen aufgekauft und dies hat zu einer positiven Entwicklung beigetragen.
  • Es werden positive Stimmen verschwiegen. Positiv äußerten sich beispielsweise die Che­fin des In­ter­na­tio­na­len Wäh­rungs­fonds, Christ­ine La­gar­de, Ex-US-Fi­nanz­mi­nis­ter Larry Summers, der US-In­ves­tor Geor­ge So­ros oder der fin­ni­sche Pre­mier Ale­xan­der Stubb. Der Chef der Eu­rog­rup­pe, Je­ro­en Dijss­el­blo­em, for­der­te von der EZB ei­ne wei­ter­hin lo­cke­re Geld­po­li­tik, um die Wirt­schaft zu­sätz­lich zu sti­mu­lie­ren.
Das Ergebnis eines solchen Journalismus kann in der selben Ausgabe in den Leserbriefen betrachtet werden. Da schreibt ein Kirchdorfer, der "mit der Politik der Partei ( Anm.: FDP) nichts am Hut" habe, er finde das "vorgeschlagene Punktesystem der FDP zur Weiterentwicklung der Zuwanderungsregeln" gut. Denn: "Die Einteilung in Kriterien spräche nämlich für eine deutliche Verbesserung bei der Bewältigung der immensen Asylprobleme". Ich kann nicht genau nachvollziehen, was reguläre Einwanderung und dabei ggfs. anzuwendende Kriterien mit Asylproblemen zu tun hat. Aber ich kann mir vorstellen, dass Qualitätsjournalismus zur beitragen kann, solche Absurditäten zu vermeiden.

Dienstag, 20. Januar 2015

Walter Roller als Fan der Vorratsdatenspeicherung

Walter Roller kommentiert die allerorten ventilierten Forderungen, die Vorratsdatenspeicherung müsse wieder eingeführt werden: 

Er stellt richtig fest, dass sich die Vorratsdatenspeicherung im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Sicherheit bewegt. 
Er liegt jedoch falsch, wenn der die Vorratsdatenspeicherung als hilfreich "bei der Gefahrenabwehr und der Aufklärung von Straftaten" bezeichnet. Denn genau dieser Nachweis ist nicht gelungen, als die Vorratsdatenspeicherung vor dem Europäischen Gericht verhandelt wurde. Auch W. Roller liefert hier keinen Nachweis. Terroristen, die in der Lage sind, Kriegswaffen zu organisieren, werden sicher auch in der Lage sein, sich mit mehreren Mobiltelefonen auszustatten und diese so einzusezten, dass aus den Zeitpunkten und Dauern der Gespräche kein Terrorverdacht abgeleitet werden kann. 
Er widerspricht sich selbst: Er fordert die Vorratsdatenspeicherung, will sie aber nur "unter strikten Vorgaben wie einem konkreten Verdacht" angewendet sehen. Vorratsdatenspeicherung hat jedoch nichts mit konkretem Verdacht zu tun, sie ist die anlasslose Speicherung von Daten. Der Großteil der Daten stammt von unverdächtigen Personen. Unbestritten ist, dass es sinnvoll und zielführend ist, von bereits identifizierten Verdächtigen die Kommunikation zu überwachen. 
Er liegt falsch, wie er die "Datensammelwut von Internetgiganten" mit den Gefahren einer staatlichen Sammelwut vergleicht. Zum Einen ist ein staatlicher Überwacher etwas anderes als ein privater Überwacher. Denn der Staat hat viele weitere Befugnisse, die ein Privater nicht hat: ein Privater kommt nicht sofort als Staatsanwalt. Zum Anderen werden den Privaten die Daten freiwillig überlassen, auch wenn den Kunden nicht immer klar ist, welche Daten das sind und wie sie verknüpft werden können.
Völlig abstrus wird er, als er Kommunikationsdaten mit bei "Banken gespeicherten Daten" gleichsetzt. Was hat eine Kontenöffnung nach Steuerdelikten mit Vorratsdatenspeicherung zu tun?
Fan zu sein ist nicht zu kritisieren, aber das mit solch schlechten Argumenten zu untermauern ist unwürdig.

Freitag, 16. Januar 2015

Die Polizei, Dein Rechtsstaat

Die Vorratsdatenspeicherung wird immer wieder gefordert. Zuletzt von A. Merkel und V. Kauder. Zwar wurde die alte Regelung vom Verfassungsgericht verboten, aber das ist nur der Ansporn, es das nächste Mal richtig zu machen. Dazu findet sich ein Bericht in der Augsburger Allgemeinen vom 16.01.2015.
In der gleichen Ausgabe ist ein Interview abgedruckt mit Rainer Wendt, der seit 1973 im Polizeidienst arbeitet und seit 2007 der Deutschen Polizeigewerkschaft vorsteht:
Darin vertritt er bemerkenswerte Ansichten:
  • "Die (Datenschutzbeauftragten, Anm.) haben einfach keine Lust. Die wollen lieber nörgelnd am Rand stehen, als Verantwortung zu übernehmen. Dabei hätte die Behörde dann endlich auch einen vernünftigen Sinn...". Zuvor hatte er den Vorschlag gemacht, die gespeicherten Vorratsdaten sollten beim Datenschutzbeauftragten gespeichert werden.
    Also: Die Datenschutzbehörde nörgele nur herum. Sie habe keinen vernünftigen Sinn. Darf ich daraus schließen, dass der Schutz meiner persönlichen Daten sinnlos und unvernünftig ist? Die Polizei braucht Zugriff auf alles?
  • "Bundesweit gibt es schätzungsweise 2000 Polizisten, die statistisch betrachtet nur diesen Quatsch machen". Zuvor hatte er ein Beispiel gebracht, bei dem Polizeibeamte einen Täter ermitteln sollen.
    Also: Täterermittlung ist aus Sicht von R. Wendt Quatsch. Natürlich wäre der Polizeidienst um Vieles einfacher, wenn sich alle Täter freiwillig stellen würden. So wird es aber nicht kommen. Ich halte es für eine der Hauptaufgaben der Polizei, bei erfolgten Vergehen den Täter zu ermitteln. Und selbstverständlich hat in einem Rechtsstaat der Täter das Recht, sich der Entdeckung und Strafe zu entziehen. Was R. Wendt hier fordert ist unverschämt. In dem von ihm genannten Beispiel negiert er sogar den Rechtsgrundsatz "Unschuldig bis zum Beweis der Schuld", da es Quatsch ist, wenn Polizeibeamte Schuldbeweise sammeln.
  • Vorratsdaten auszuwerten wäre nur "für schwerste Straftaten, für Terrorismus, organisierte Kriminalität oder schwere Sexualverbrechen" gerechtfertigt.
    Also: Ein Polizist mit der ober dargestellten Auffassung von Bürgerrechten und Polizeiarbeit mantelt sich in schwerste Straftaten, um die Vorratsdatenspeicherung zu rechtfertigen. Den Zugriff soll ein "besonders qualifizierter Richter oder sogar ein Richtergremium" erlauben. Das hört sich gut an. Mehr auch nicht, wie ein Beispiel aus Österreich zeigt. Dort hatten Tierschützer diverse Aktionen gestartet und gingen dabei nicht immer zimperlich vor. Allerdings reichte es nie für eine Verurteilung. Da kam die Exekutive auf eine brillante Idee. Weil es sich um mehrere Personen handelt, die gemeinschaftlich tätig wurden, ist das organisierte Kriminalität. Damit wurden die Ermittlungen wesentlich gewichtiger und die Ermittlungsmethoden konnten der Schwere der Straftat angepasst werden. Es würde mich nicht überraschen, wenn R. Wendt zu ähnlichen Fantasieleistungen fähig wäre. Und welcher Richter oder welches Richtergremium würde bei organisierter Kriminalität eine Vorratsdatenanalyse ablehnen?
    Übrigens endeten die Anklagen wegen organisierter Kriminalität mit zahlreichen Freisprüchen.

Augsburger Allgemeine vom 16.01.2015

Die Augsburger Allgemeine berichtet über die schweizer Notenbank, die den stabilen Wechselkurs des Franken gegenüber dem Euro aufgegeben hat:
Die Zeitung weißt darauf hin, dass die schweizer Exportwirtschaft "vehement unter der seit gestern eingesetzten Aufwertung des Franken" zu leiden habe. Im nächsten Satz steht das Gegenteil: "[n]ach der Entscheidung [...] brach der Franken ein".
Was denn nun? Aufwertung oder Einbruch? Zugegeben, die Sache mit den Wechselkursen ist nicht so einfach. Wenn sich ein Wechselkurs ändert, welche der betroffenen Währungen wird auf-, welche abgewertet? Oder bewegen sich gar beide? Es empfiehlt sich, für die Lösung dieser Frage eine Referenz festzulegen. Ändert sich dann der Kurs nur einer Währung gegenüber der Referenz, ist klar, welche auf- bzw. abgewertet wurde.
Als Referenz bietet sich der US-$ an. Kostete ein US-$ am 14.1. noch etwa 0,85€, änderte sich das auf etwa 0,86€ am 15.1. - der Euro war also recht stabil. Dem gegenüber stand am 14.1. ein Preis von 1,02CHF für einen US-$ sowie am 15.1. ein Preis von etwa 0,86CHF. So kann das Argument gelten, der Euro war der Fixpunkt, der Franken hat sich bewegt.
Im Verhältnis Euro zum Franken berichtet die Zeitung, vor der Entscheidung habe ein Euro den Preis von 1,2CHF gekostet, nach der Entscheidung hingegen nur noch 0,85CHF. Für die gleiche Ware (der eine Euro) muss also weniger Franken bezahlt werden. Bei fix angenommenem Euro wurde der Franken wertvoller, er wurde aufgewertet.
Damit zeigt sich, das erste Zitat („Aufwertung des Franken“) ist inhaltlich korrekt. Das zweite Zitat („brach der Franken ein“) ist falsch.

Mittwoch, 14. Januar 2015

Je instrumentalise Charlie

Viele bekunden mit "Je suis Charlie" etwas: das Recht auf freie Meinungsäußerung, die Pressefreiheit, ihr Mitgefühl mit den Opfern des Anschlages und deren Angehörigen im Speziellen sowie den französischen Bürgern im Allgemeinen, der Warnung vor der Islamisierung Europas.
Andere warnen vor Terroraktivitäten und fordern, was sie auch schon vor den Anschlägen gefordert haben. Beziehungsweise gefordert hätten, wenn sie Gelegenheit dazu und/oder Zuhörer dafür gehabt hätten. Aber natürlich heften sich alle "Je suis Charlie" an das Revers, Instrumentalisierung würden sie weit von sich weißen, würden sie mit einem solchen Vorwurf konfrontiert.
Besonders perfide agiert der CSU-Politiker Stephan Mayer. Er fordert, "das Beschimpfen religiöser oder weltanschaulicher Bekenntnisse" müsse härter bestraft werden. Der Zeitpunkt dieser Äußerung wenige Tage nach dem Pariser Anschlag ist bestimmt zufällig gewählt. Ich frage mich, ob ich aus der Forderung Verständnis für die Terroristen heraushören soll: Wäre es strafbar, was an religiösen Karikaturen veröffentlicht wurde von Charlie Hebdo, hätten sie nicht veröffentlicht werden dürfen. Damit hätten sich die Terroristen nicht echauffieren müssen und hätten nicht zu den Waffen gegriffen. Die armen Terroristen...
Österreich hat ein strengeres Gesetz. In §188 StGB steht:
Wer öffentlich eine Person oder eine Sache, die den Gegenstand der Verehrung einer im Inland bestehenden Kirche oder Religionsgesellschaft bildet, oder eine Glaubenslehre, einen gesetzlich zulässigen Brauch oder eine gesetzlich zulässige Einrichtung einer solchen Kirche oder Religionsgesellschaft unter Umständen herabwürdigt oder verspottet, unter denen sein Verhalten geeignet ist, berechtigtes Ärgernis zu erregen, ist mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen.
Allerdings wird dort diskutiert, den Paragraphen zu lockern oder zu streichen. Zu Verurteilungen nach diesem Paragrafen kommt es ohnehin kaum.

Augsburger Allgemeine vom 15.01.2015

Es wird berichtet über die erste Veröffentlichung von Charlie Hebdo nach den Terroranschlägen von Paris:
Darin wird beschrieben, wie die Veröffentlichung auch in Deutschland passieren soll.

So weit, so gut. Es fehlt jedoch der Hinweis, dass pro Land ein Medium ausgewählt wurde und die Möglichkeit erhielt, Charlie Hebdo vorab zu veröffentlichen. In Deutschland kommt die Süddeutsche in den Genuss.

Samstag, 10. Januar 2015

Freitag, 9. Januar 2015

Innenminister De Maiziére beruhigt mich nicht

Nach dem gestrigen Anschlag auf eine Redaktion in Paris versuchte der deutsche Innenminister zu beruhigen. In seiner Verurteilung des Anschlages weist er darauf hin, dass es "keinen konkreten Hinweis auf vergleichbare Anschlagsplanungen in Deutschland" gäbe. Die Lage sei ernst, aber kein Grund zur Panik.
Ich glaube, ein wenig Panik zu verspüren:
  • Was meint er mit "keinen konkreten Hinweis"?
    Den Behörden ist nichts über eine vergleichbare Anschlagsplanung bekannt. Nur weil sie nichts wissen, bin ich nicht beruhigt. Der Anschlag war überraschend. Wäre er bekannt gewesen, wäre er bestimmt verhindert worden.
  • Was meint er mit "vergleichbare Anschlagsplanung"?
    Bezieht er sich dabei auf die Logistik des Anschlages? Der Anschlag war mit wenigen Personen und relativ leicht beschaffbaren Waffen durchgeführt worden. Hierfür war keine große Logistik erforderlich. Oder bezieht er sich auf das gewählte Ziel? Egal wie, der Anschlag war beunruhigend präzise und professionell durchgeführt.
Die Reaktionen aus verschiedenen Lagern auf den Anschlag beunruhigen mich ebenfalls. Ich meine dabei nicht die erwartbaren So-wird-es-auch-bei-uns-bald-sein-Rufe der Globalphobiker aus der Richtung Pegida, AFD etc. Ich meine auch nicht die erwartbaren Aufschreie der selbstgenannten aufRechten. Ich meine die Forderungen aus der politischen Mitte, nun mit Vorratsdatenspeicherung und anderen technischen Finessen wie Beobachtungskameras, Verhaltens-Analyse-Software-Systeme etc. stärker die terroristischen Aktivitäten bekämpfen zu wollen. Dabei empören sie sich erst darüber, dass Pegida und Konsorten den Anschlag für eigene Zwecke instrumentalisieren - und tun es dann selbst. Natürlich sind sie dabei nicht gegen "die Ausländer", sondern gegen "die Terroristen". Natürlich haben sie Demokratie und (Presse)Freiheit auf den Lippen. Dennoch reden sie freiheitswidrigen Forderungen das Wort. Aber alles kein Grund zur Panik!

Donnerstag, 8. Januar 2015

Augsburger Allgemeine vom 27.12.2014

Die Zeitung brachte auf der Seite 3 eine recht ausführliche Darstellung des sozialen Wohnens in Wien:
Dabei wurde der Eindruck vermittelt, es sei relativ leicht, in Wien eine Wohnung in einem Gemeindebau zu bekommen:
  1. Die Einkommensgrenzen seien sehr hoch.
    Das ist richtig. Für eine alleinstehende Person ist die jährliche Einkommensgrenze bei netto 43.970€. Bei einem entsprechend geringen Einkommen wird eine der Voraussetzungen erfüllt.
  2. Man müsse zwei Jahre in Wien gemeldet sein.
    Das ist richtig. Allerdings wurde verschwiegen, dass dies für alle Personen gilt, die in die Gemeindewohnung einziehen wollen. Ein Wiener kann also nicht nach Belieben mit Nichtwienern in eine gemeinsame Wohnung übersiedeln.
  3. Nicht genannt wurden eine Reihe weiterer Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen. Diese Voraussetzungen möchte ich hier nicht wiederholen, sie können auf der Homepage der Stadt Wien nachgelesen werden. Sie umfassen Aspekte wie Gesundheit, aktuelle Wohnsituation etc.
  4. Die Gemeindebaumieten seien niedrig.
    Das hängt vom Vergleichsmaßstab ab. Verglichen mit Mieten auf dem freien Markt kann das stimmen. Wer das Glück hat, noch einen alten Mietvertrag mit dem sog. Friedenszins zu haben, wohnt wesentlich günstiger.
Werden die unter 3. genannten Voraussetzungen berücksichtigt, zeigt sich die Höhe der Hürde, die Antragsteller für eine Gemeindewohnung überspringen müssen. Wird weiterhin berücksichtigt, dass viele Gemeindebauten älteren Datums sind und die Bewohner oft seit Jahrzehnten in den Wohnungen sind, ergibt sich ein differenzierteres Bild.

Ein Nichtwiener hat überhaupt keine Chance, eine Gemeindewohnung zu bekommen - ich ignoriere hierbei "kreative" Ansätze, die oben genannten Hürden ggfs. zu unterlaufen. Für neu nach Wien Ziehende zeigt sich ein anderes Bild (zumindest aus eigener Erfahrung):
  • Es ist fast unmöglich, ohne Makler an eine Wohnung zu kommen. Der darf bei Vertragsschluss bis zu zwei Monatsmieten zzgl. Umsatzsteuer als Honorar verlangen. Er wird das bis zur Maximalhöhe ausschöpfen.
  • Da die Mietgesetzgebung so mieterfreundlich sei - das behaupten oft die Eigentümer - seien Investitionen in die Wohnungen kaum wirtschaftlich zu realisieren. So kann es vorkommen, dass unter einer "sanierten Wohnung" lediglich "Wände weiß angemalt" verstanden wurde.
  • Der Charme von Altbauwohnungen verliert sich schnell in Anbetracht undichter Fenster, schlechter Isolierung und alten Wasserrohren. Mit etwas Glück kommt das Wasser durch Bleirohre in die Wohnung. Vor dem ersten Kaffee sollte gründlich durchgespült werden.
  • Erst in jüngster Zeit wurden zwei Regelungen seitens des Gesetzgebers ergriffen, um die Situation von Mietern zu verbessern. Zum Einen wurde abgeschafft, dass Mieter beim Auszug zu einer Renovierung verpflichtet sind. Dies betrat z.B. das Weißeln oder das Abschleifen von Parkettböden. Zum Anderen ist seit dem 1.1.2015 der Vermieter verpflichtet, eine defekte Heiztherme zu reparieren. Vorher war dies Mietersache.
  • Es gibt fast keine Mietverträge ohne Indexmieten. Was beim Einzug eine angemessen bepreiste Wohnung war, wird nach einigen Jahren zumindest fragwürdig. Die Miete steigt mit der Inflation jedes Jahr. Gleichzeitig wird die Wohnung durch die Nutzung abgewohnt.
  • Wer sich mit einer Wohnung in einem passablen Zustand zufrieden gibt, wird wohl eine Wohnung finden können. Wer jedoch etwas besseres - vielleicht mit Balkon - sucht, landet schnell bei ausgebauten Dachgeschossen, luxussanierten Altbauten etc. Bruttomietpreise zwischen 18€ oder 20€ je Quadratmeter überraschen dabei bestenfalls nicht vorgewarnte Mietinteressenten.

Dienstag, 6. Januar 2015

Augsburger Allgemeine vom 02.01.2015

In einem Beitrag wird dargestellt, "Merkel [beschwöre] das, was man neudeutsch als 'Wir-Gefühl' bezeichnet - die Teamfähigkeit, die sie als Erfolgsrezept und Grundtugend der Deutschen" sehe:

Wikipedia beschreibt "Teamgeist [als] eine starke Form des Wir-Gefühls, die sich im Gegensatz zum bloßen Wir-Gefühl in gegenseitiger Unterstützung der Gruppenmitglieder ausdrückt, während das Gruppengefühl lediglich vom gemeinsamen Ziel getragen wird." Die hier verwendete Vokabel "Teamgeist" trifft die Sache mit dem Wir-Gefühl.

Der Bericht verwechselt mit der Vokabel "Teamfähigkeit" zwei Ebenen, die zu trennen sind:
  1. Wir-Gefühl: Ein Phänomen, das auf Ebene von Gruppen auftritt und die Mitglieder der Gruppe affektiv vereint. Die Gruppenmitglieder fühlen sich einander verbunden in der gemeinsamen Zweckverfolgung. Damit einher gehen kann - je nach Gruppenziel - eine Ausgrenzung und Abwertung von Nicht-Gruppenmitgliedern (out group).
  2. Teamfähigkeit: Ein Phänomen, das auf Ebene einzelner Personen auftritt und die Fähigkeit beschreibt, sich innerhalb der Gruppe ein- und den Interessen der Gruppe unterzuordnen. Es geht hierbei um Verhalten, das im Kontext der Gruppe gezeigt wird, sowie um Einstellungen des Selbst gegenüber der Gruppe. Teamfähigkeit hat affektive, jedoch auch und insbesondere kognitive Aspekte.