Sonntag, 3. Dezember 2017

Paket-Wahnsinn

Sarah Schierack hat am 2.12. in der Printausgabe der Augsburger Allgemeinen einen Bericht kommentiert, in dem die Konsequenzen einiger Lieferdienste auf die starke Zunahme der versendeten Pakete geschildert wurde:


Im Bericht heißt es:
"Erstmals scheinen einige Paketdienste auch hierzulande ein ähnliches Szenario zu befürchten (mehr Pakete als die Dienste transportieren können, Anm.). Der zum Otto-Konzern gehörende Dienstleister Hermes hat als erster Logistiker mit Online-Händlern fest vereinbart, wie viele Pakete er transportieren wird. Hermes will nur noch so viele Sendungen zum Kunden bringen, wie nach realistischer Einschätzung auch wirklich befördert werden können. Alles, was darüber hinaus bestellt wird, bleibt entweder im Lager oder muss von den Paketboten eines anderen Unternehmens transportiert werden."
Weiter heißt es, es gäbe "zu wenig Zusteller, zu wenig Fahrzeuge, zu wenig Platz, um die Sendungen zwischenzulagern". Die Paketdienste rüsteten auf bei Personal, bei Fahrzeugen, bei Lager- und Logistikzentren. Dennoch:
"Das Weihnachtsgeschäft sei eine 'Kraftprobe für die gesamte deutsche Logistikbranche'."
Ja. Genauso wie der Berufsverkehr eine Kraftprobe für den öffentlichen Nahverkehr ist. Würden die Stadtwerke Augsburg Fahrgäste abweisen, weil die Kapazitäten nicht vorhanden sind, ein Proteststurm würde losbrechen - zu Recht übrigens.
Die Logistiker denken über Alternativen nach:
"Um die Paketströme besser zu steuern, denken einige Logistiker bereits über Alternativen zur bequemen Zustellung an der Haustür nach. Wie die Wirtschaftswoche berichtet, erwägen Paketdienste wie Hermes oder DPD, die Lieferung bis an die Türschwelle zu einer Extra-Leistung zu machen. 'In der Zukunft könnte es so kommen, dass die Paketdienste standardmäßig an den Paketshop liefern und die Lieferung zur Haustür dann zum Beispiel 50 Cent extra kostet', sagte DPD-Geschäftsführer Boris Winkelmann dem Magazin."
Im Kommentar schreibt Sarah Schierack, der "Paket-Wahnsinn" nehme immer mehr zu und vermutet, Empfänger müssten sich "in der nahen Zukunft also daran gewöhnen [...], Pakete an einer Sammelstelle, in einem Paketshop oder direkt im Laden abzuholen." Es drohe "irgendwann ein Verkehrskollaps [...], wenn immer mehr Paketautos durch die Orte fahren." Die Umwelt leide zudem, wenn "immer mehr Päckchen durch das Land geschickt" werden.
Es ist nicht sehr gewagt, eine weitere Zunahme des Versandhandels zu erwarten, der Bericht spricht von etwa einem Drittel bis 2021. Nur:
  • Wird es die angesprochenen Umweltprobleme lösen, wenn die Kunden mit ihren Autos einzelne Pakete im Paketshop abholen? Kaum.
  • Wird es die Lagerprobleme lösen, wenn die Lagerflächen nicht mehr beim Logistiker, sondern im Paketshop vorgehalten werden? Nein.
  • Ist es kundenfreundlich, wenn sich die Kunden in zig verschiedenen Paketshops ihre Pakete zusammenklauben müssen? Nein.
Die Überlegungen der Logistiker sind unausgegoren. Vielleicht sind die Logistiker mit Zusatzgebühren für die Hauszustellung diejenigen, die als erstes aus dem Markt verschwinden, weil sich das kein Kunde bieten lassen wird. Die Händler würden auch darunter leiden und sich verstärkt Logistikern ohne Zusatzgebühren zuwenden, Monopolisierung droht.
Sarah Schierack hätte den Logistikern mutiger die Leviten lesen sollen. Eine naheliegende Idee ist, dass es Sammelstellen gibt, in die alle Logistiker Pakete bringen und von denen die Kunden alle ihre Pakete unabhängig vom Logistiker abholen können oder die Pakete von dort zentral an die Kunden ausgeliefert werden. Das würde zumindest einige der Liefertouren sparen, wenn die Sammelstelle die Sendungen konsolidieren würde (z.B. nach Familienname, nach Hausanschrift etc.).
Der Versandhandel ist erfolgreich, weil er für die Kunden bequem ist. Die Logistiker sollten sich hüten, diese Errungenschaft leichtfertig aufs Spiel zu setzen.

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