Mittwoch, 20. Dezember 2017

Österreich als Vorbild?

Rudi Wais hat am 18.12. in der Printausgabe der Augsburger Allgemeinen die Regierungsbildung in Österreich kommentiert:


Rudi Wais schreibt, Österreich mache Deutschland vor, wie es geht und lobt:
„Niedrigere Steuern, eine gezielte Entlastung der Familien, rigide Maßnahmen gegen illegale Migration, weniger Bürokratie, mehr Polizisten und 1200 Euro Mindestrente für langjährig Versicherte“
Zwei Leserbriefschreiber verleihen ebenfalls ihrer Freunde Ausdruck:


Die Bedeutung der landeseigenen Bevölkerung sei erkannt, eigene Interessen seien zurückgestellt und Probleme der Bürger aufgegriffen. Und das alles in relativ kurzer Zeit, wobei Rudi Wais schreibt, die Ausgangslage sei für Kurz ähnlich gewesen wie die Merkels.
Ich frage mich, was Rudi Wais mit Ausgangslage meint. Bereits im Wahlkampf und im Wahlprogramm hat sich die Liste Kurz (ÖVP) inhaltlich der FPÖ angenähert, so dass die nunmehrige Koalition unausweichlich war. Einen solchermaßen verbundenen Partner hat Merkel nicht: Jamaika ist geplatzt und die SPD stapelt ihren Preis immer höher.
Ich frage mich außerdem, was am Regierungsprogramm so toll sein soll:
  • Bei der Angelobung der neuen Regierung wies der Bundespräsident explizit auf das Schutzbedürfnis der Schwächsten hin, in Kenntnis des Programms.
  • Asylbewerber sollen nur noch Sachleistungen erhalten. Man entzieht ihnen somit Teilhabemöglichkeiten und wundert sich anschließend über Parallelgesellschaften. Verstärkt wird das durch sog. Brückenklassen, also „Sonderklassen“ für Kinder von Asylbewerbern.
  • Bundeswehr, Polizei und Geheimdienste unterstehen einem Minister der rechtspopulistischen FPÖ, der zudem als Putinversteher die Haltung der EU gegenüber Russland wegen Krim und Ukraine als falsch ansieht.
  • Die Arbeitsmarktpolitik erinnert an das in Deutschland kritisierte Hartz IV. So sollen beispielsweise zumutbare Wegzeiten erheblich verlängert werden, das Arbeitslosengeld mit der Bezugsdauer sinken, die Aktion 20000 zur Förderung Älterer reduziert werden.
  • Der Familienbonus soll nicht negativsteuerfähig sein, weshalb er Geringverdienern nichts bringen wird.
  • Die europarechtliche Exportpflicht soll gelöst werden, was zu einer Reduzierung erworbener Renten führen würde, die ins (europäische) Ausland bezahlt werden - europarechtlich bedenklich.
  • Abschaffung des Lagezuschlagsverbotes im Mietrecht würde zu einer deutlichen Verteuerung der wiener Mieten führen.
Es scheint, als ob das politische Talent Sebastian Kurz auch in Deutschland für solche Begeisterung sorgt, dass sich der kritische Blick in rosa Wolken verliert.

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