Mittwoch, 22. Februar 2017

Burka mit Fußfessel

Die Augsburger Allgemeine berichtet am 22.2. über die Initiative der bayerischen Staatsregierung, ein Burka-Verbot sowie elektronische Fußfesseln für Gefährder einzuführen:


Zur Größe der Zielgruppe heißt es im Bericht:
"Die Zahl der Betroffenen, das musste Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) einräumen, wird nicht sehr groß sein."
"Herrmann räumte ein, dass die Personengruppe, die dafür infrage kommt, nicht groß ist. „Das ist sicherlich eine sehr überschaubare Zahl, sicherlich weniger als ein Dutzend“, sagte er [...]"
Um nicht das Kind mit dem Bade auszuschütten und einen Fesselwildwuchs zu schaffen, wird Bayerns Innenminister Herrmann mit den beruhigenden Worten zitiert:
"'Allein der Verdacht, dass jemand etwas im Schilde führen könnte, wird nicht ausreichen.' Man werde in solchen Fällen dem Richter 'sehr konkrete Dinge vorlegen müssen'."
Uli Bachmeier kommentiert treffend die Vorschläge der Staatsregierung:


Uli Bachmeier bezeichnet die Fußfessel als "Symbolpolitik ohne erkennbaren Inhalt" und schreibt weiter:
"Wenn von jemandem eine konkrete Gefahr ausgeht, [...] kann man sich dann damit begnügen, ihm eine Fußfessel zu verpassen, die er jederzeit abnehmen kann? Und wenn die Gefährdung nicht konkret nachgewiesen werden kann, wie lässt sich dieser massive Eingriff in die Persönlichkeitsrechte dann rechtfertigen?"
Das sind richtige Fragen. Ergänzt werden kann, wie ein angeblicher Gefährder sich entlasten kann, wie also ein Gegenbeweis für den Gefährdervorwurf aussehen kann, wenn doch ein Verdacht zur Fesselung reicht. Muss der Verdächtige argumentieren: "Ich bin verdächtig unverdächtigt."? Das Ganze ist rechtsstaatlich sehr bedenklich.

Burka-Verbot

Zum Burka-Verbot schreibt Uli Bachmeier:
"Ein Burka-Verbot ist so ein Symbol. Es signalisiert, dass es nicht zu einer offenen, freiheitlichen Gesellschaft passt, sein Gesicht zu verhüllen oder es sich auf Anweisung einer Religion oder einer Tradition oder einer patriarchalischen Gesellschaft verhüllen zu lassen."
Er nennt es eine "kleinkrämerisch wirkende Initiative der Staatsregierung". Wie klein die Krämerseele ist, zeigt sich im Artikel an den Begründungen. Dort wird nicht gesprochen von von Gefahren für das Gemeinwesen, nicht von Unterdrückung. Die Begründungen im Einzelnen:

Neutralität gegenüber dem Bürger

"Begründung: Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes seien 'in besonderer Weise als Repräsentanten des Gemeinwesens zu Neutralität gegenüber dem Bürger verpflichtet'."
Es bleibt ein Geheimnis der Staatsregierung, warum durch die Abwesenheit der Burka die vollständige Neutralität gegenüber dem Bürger hergestellt wird. Es bleibt ein Geheimnis, warum insbesondere bayerische Repräsentanten eine besondere Regelung brauchen, um neutral zu sein. Für Bundesbeamte in Bayern wird das bayerische Gesetz kaum wirken können.

Kommunikation

"Begründung hier: Schüler müssten kommunikative Fähigkeiten erlernen, Lehrer müssten Schüler in die Augen schauen können."
Eine Burka verhindert das Lernen kommunikativer Fähigkeiten? Wäre es nicht eine Erweiterung der Kompetenzen, trotz Burka eine Kommunikation aufbauen zu können? Der Bayernkurier zitiert den Innenminister:
"Ein kommunikativer Austausch findet nicht nur durch Sprache, sondern auch durch Blicke, Mimik und Gestik statt."
Richtig. Was die Regierung hierbei im Hinterkopf hat, ist das Ideal der wahrhaften, ehrlichen Kommunikation. Statt einem Lügenverbot für den Sender einer Kommunikation soll der Empfänger in die Lage versetzt werden, den Wahrheitsgehalt zu erkennen. Was bei vielen Kommunikationen zumindest als potentielle Störung vorhanden ist, verfestigt sich bei Burka-Trägerinnen. Ihnen unterstellt die Regierung mit dem Verbot per se Unehrlichkeit. Da käme sie nur heraus, wenn sie Gesichtsverhüllung in kommunikativen Situationen generell ablehnen würde. Warum dann nur Burka-Verbot? Verboten werden müssen beispielsweise auch:
  • Verbot von Schals auf dem Weihnachtsmarkt
  • Auftrittverbote für Künstler wie Cro, Kiss, Lordi
  • Verbot von Telefonen, SMS und WhatsApp, nur noch Videotelefonie ist zulässig
  • Verbot von Marionettentheatern, weil die überhaupt keine Mimik haben
  • Verbot von Botox, weil es die Mimik einschränkt
  • Verbot von Kinderschminken
  • Verbot von Schlaganfällen
  • Verbot des Landtages, weil es dort zu Lügen gekommen sein soll
Wie konsequent traut sich die CSU zu sein?

Identifikation von Personen

"In diesen Fällen geht es der Staatsregierung schlicht darum, eine Identifikation von Personen zu ermöglichen."
Ich vermute, es geht nicht um die Identifikation konkreter, auffälliger Personen, denn die ließen sich dezidiert ansprechen. Augenscheinlich geht es um eine Art Massenidentifikation, die sich in eine Reihe stellt mit der anlaßlosen Massenüberwachung wie der Vorratsdatenspeicherung: Alle sind verdächtig, vom Verdacht befreit sind nur überführte Täter.

Conclusio

Das Ärgerliche an solcher "Symbolpolitik mit und ohne Inhalt" (Uli Bachmeier) ist weniger, dass sie überhaupt stattfindet. Das Ärgerliche sind die Argumente der Staatsregierung, die so schwach und kurzsichtig sind, dass man als Bürger kaum glauben kann, die Regierung meine es ernst, und sich verschaukelt fühlt.

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