Freitag, 17. Februar 2017

Die soziale Gerechtigkeit des Martin Schulz

Die Augsburger Allgemeine berichtet in ihrer Printausgabe vom 17.2. über mögliche Fehltritte des SPD-Kanzlerkandidaten Martin Schulz:


Der Bericht weist auf die Karrieren von Markus Winkler und Monika Strasser hin, die von Martin Schulz auf neue Posten gebracht wurden. Agenda Europe schreibt über Vorwürfe an Schulz:
"Shoehorning political allies into well-paid posts in the EP administration without going through proper recruitment procedures, and in many cases persons neither suited nor qualified for their jobs."
Detlev Drewes ordnet das Verhalten so ein:
"Was von der Kritik an Schulz' Amtsführung aber wirklich bleibt, ist ein im Politik-Geschäft eher übliches Verhalten: Kurz vor Ende der Amtszeit werden getreue Vasallen noch mit lukrativen Jobs versorgt."
Im Bericht wird zudem die Konstruktion der Anstellung von Martin Engels als Mitarbeiter eines Informationsdienstes des Parlaments in Berlin dargestellt:
"Der Mann blieb formal in Brüssel angestellt und konnte sein Gehalt dadurch um 2200 Euro an Reisespesen aufbessern."
Der Spiegel führt weiter aus:
"Engels, der mit Dienstort Brüssel angestellt war, arbeitete für Schulz von 2012 an überwiegend im Berliner Informationsbüro.
Da sein vertraglicher Dienstort jedoch Brüssel war, konnte Engels einen steuerfreien Auslandszuschlag geltend machen. Das bedeutet ein Plus von monatlich 840 Euro auf sein Grundgehalt in Höhe von 5200 Euro. Wegen der Einstufung von Brüssel als Dienstort konnte Engels seine Anwesenheit in Berlin zudem als Dienstreise abrechnen. Laut internen Unterlagen war Engels allein 2012 ganze 273 Tage dort auf Dienstreise, was ihm zusätzlich 16.621,47 Euro einbrachte."
Die Zeitung Der Standard ergänzt und berichtet über Reaktionen:
"Demnach sei dieser Vertraute, Martin Engels, als EP-Mitarbeiter anfangs so angestellt gewesen, als würde er an einem EU-Standort seinen Lebensmittelpunkt haben. Tatsächlich sei er aber in Berlin gewesen."
"Nach Ansicht von EU-Abgeordneten, die im zuständigen Ausschuss wie im Präsidium des Parlaments mögliche Missbräuche von EU-Geldern prüfen, seien 'geltende Regeln pervertiert worden', sagte die deutsche EU-Abgeordnete Ingeborg Gräßle (CDU) am Mittwoch dem Standard. 'Und zwar zulasten der Steuerzahler'."
Detlev Drewes schreibt:
"Bisher, so bestätigen sogar einige der politischen Gegner des heutigen SPD-Herausforderers von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), reiche 'das alles aber wohl nicht ernsthaft, um den Mann abzuschießen'."
Pikant wird die Sache vor dem Hintergrund des großen Themas "Soziale Gerechtigkeit", das die SPD in den Mittelpunkt ihres Wahlkampfes stellen will. Der Philosoph Alexander Grau schreibt zur Qualität dieses Zieles:
"Abgesehen davon, dass diese einfältigste und hohlste aller Phrasen der ohnehin schon unterkomplexen politischen Rhetorik dermaßen abgestanden ist, dass sie sich jedem ernsthaften politischen Kopf verbieten müsste, wirft sie ein bezeichnendes Licht auf die intellektuelle Welt des Hoffnungsträgers."
Er führt weiter aus, dass es zu einem "Wahrnehmungsparadox" komme:
"Je ähnlicher die Konsummöglichkeiten in einer Wohlstandsgesellschaft werden, desto größeren Widerwillen erzeugen die verbleibenden Unterschiede. Es entsteht das, was Sozialpsychologen Vergleichsstress nennen: Nicht, was ich habe und konsumiere, befriedigt. Vielmehr frustriert, dass sich mein Nachbar mehr leisten kann als ich. [...] Das Soziale, uminterpretiert zum Recht auf Konsum, wird zum Heilsversprechen der Wohlstandsgesellschaft."
Verfehlt die Stimme der sozialen Gerechtigkeit ihren eigenen Anspruch, wird's also stressig für die Bürger und sie fragen sich: Wo ist die soziale Gerechtigkeit, wenn Bekanntschaften stärker die Auswahl von Mitarbeitern beeinflussen als Kompetenzen? Wo ist die soziale Gerechtigkeit, wenn besondere Kreativität gezeigt wird bei der Ausgestaltung von bestimmten Arbeitsverhältnissen?
Nach derzeitigem Stand sieht es so aus, als reihe sich ein weiteres Beispiel ein in die lange Reihe von Beispielen, bei denen es sich die da oben gerichtet hätten. Insbesondere für eine SPD kann das zu einer großen Belastung werden.

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