Freitag, 6. Mai 2016

Für Dagegen

In der Augsburger Allgemeinen hat Michael Stifter am 6.5. einen Kommentar veröffentlicht zu den Umfragen zur Zustimmung zur aktuellen Politik:


Er verweist auf "Wutbürger und Populisten", die die Bundesregierung verpflichtet sehen, "Schaden vom deutschen Volk abzuwenden". Sie fordern eine Politik nach Stimmungen. Michael Stifter hat Recht, dass die Politik damit "zum politischen Wackelpudding" wird und "auch keine Probleme" löst. Er fordert, die Regierungsparteien "müssen den Vertrauensverlust ernst nehmen und klare Alternativen anbieten".
Interessant ist die Forderung, Schaden abzuwenden durch das Wort "deutsch". Warum nicht von den Bürgern in Deutschland? Oder den Bewohnern? Oder von allen, die sich hier aufhalten? Würde man die Forderung ernst nehmen, könnte man Touristen verprügeln, weil sie über Dienste wie AirBNB eine Wohnung als Hotelzimmer nutzen und nicht Einheimische darin wohnen können.
Die um das deutsche Volkswohl besorgten sind besorgte Bürger, keine Nazis. Werden sie sagen. Dennoch fürchten sie nichts mehr, als dass ihnen genommen wird. Genommen von etwas, das ihnen wie selbstverständlich zusteht: Sozialstaat, Bruttoinlandsprodukt, Autobahnen etc. Es sind keine besorgten Bürger. Es sind sich in Wut und Rage geredete Egoisten, die ein willkürliches Merkmal wie die Staatsangehörigkeit als Separator zwischen "Uns" und "Die" benutzen. Solche In-Group- und Out-Group-Schemata benutzten die Nazis unter Hitler auch.
Ich frage mich, wann das deutsche Volk darauf kommt, von sich selbst zu fordern, Schaden abzuwenden. Wann besorgt es sich ein Gehirn, das die Probleme bedenken kann, statt nur in Sorgen und Ängsten zu schwelgen. Das erkennt, wenn heißgeredete Emotionen eine Problemanalyse und kreative Problemlösung verhindern. Das - wie Michael Stifter - erkennt, dass Politik nach Stimmungen nur Wackelpudding gebiert. Problematisch ist, dass der Vertrauensverlust, von dem Michael Stifter schreibt, aus dem Glauben an einfache Lösungen kommt. Vielmehr dem Wunsch, es möge nicht so kompliziert sein, wie es die Regierung darstellt, sondern so einfach, wie es die AfD darstellt. Wer über die Komplexität der Realität in Wut gerät, wird kaum ernst genommen werden können - außer von Populisten. Es ist nicht notwendig, das Asylrecht abzuschaffen, weil viele Angst haben, alle Frauen würden von Muslimen vergewaltigt. Es ist nicht notwendig, dass eine Käseglocke über Deutschland zu stülpen, weil viele Angst haben, von UFOs entführt zu werden. Es ist notwendig, dass Politik tragfähige Lösungen für echte Probleme entwickelt. Und es ist notwendig, dass das Volk echte Probleme und die Qualität echter Lösungen erkennt.

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