Freitag, 1. Januar 2016

Jörg Sigmunds Mitleid

Ergänzung zur Rechtslage

In der Augsburger Allgemeinen wird berichtet über die Beschlussvorlage der CSU, nach der zukünftig eine Einreise nur noch möglich sein soll mit gültigen Papieren:


Die Rechtslage ist nicht vollständig korrekt. Denn zur Strafe nach §95 AufenthG ist geregelt:
"Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 
1. entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält, "
Der §48 II AufenthG regelt:
"(2) Ein Ausländer, der einen Pass oder Passersatz weder besitzt noch in zumutbarer Weise erlangen kann, genügt der Ausweispflicht mit der Bescheinigung über einen Aufenthaltstitel oder die Aussetzung der Abschiebung, wenn sie mit den Angaben zur Person und einem Lichtbild versehen und als Ausweisersatz bezeichnet ist."
Es ist damit jedenfalls nicht so, dass die Straftaten illegal Einreisender oft nicht erkannt und deshalb straffrei bleiben. Sie können auch straffrei bleiben, weil alternative Bescheinigungen vorgelegt werden können. Zudem sollte auch §48 III berücksichtigt werden:
"(3) Besitzt der Ausländer keinen gültigen Pass oder Passersatz, ist er verpflichtet, an der Beschaffung des Identitätspapiers mitzuwirken sowie alle Urkunden, sonstigen Unterlagen und Datenträger, die für die Feststellung seiner Identität und Staatsangehörigkeit und für die Feststellung und Geltendmachung einer Rückführungsmöglichkeit in einen anderen Staat von Bedeutung sein können und in deren Besitz er ist, den mit der Ausführung dieses Gesetzes betrauten Behörden auf Verlangen vorzulegen, auszuhändigen und zu überlassen. [...]"

Jörg Sigmund hat Mitleid mit der CSU

Jörg Sigmund kommentiert zum Artikel nun so:


Alle Vorstöße der CSU würden "empört zurückgewiesen", "der Aufschrei war jedes Mal groß". Da muss die Frage erlaubt sein, ob die Vorstöße so gut und die Reaktion ungerechtfertigt war oder ob die Vorstöße in qualitativer Hinsicht nicht vielleicht Luft nach oben hatten.
Mit der Mitleidsmasche macht Jörg Sigmund weiter und fragt ernsthaft:
"Doch was ist so abwegig daran, auf eine Passpflicht zu drängen?"
Die Antwort ist natürlich: nichts. Außer die Realität. Es gibt verschiedene Gründe, warum ein Antragsteller seinen Pass nicht vorlegt, beispielsweise
  • der Pass ging tatsächlich verloren
  • der Pass wurde weggeworfen in der Hoffnung, so die Asylchancen zu steigern
  • der Pass wurde von Schleppern abgenommen
  • der Antragsteller hat keinen Pass, weil er sich in seiner korrupten Heimat keinen leisten konnte
Natürlich ist es nicht fremdenfeindlich, eine gültige Einreiseerlaubnis zu verlangen. Das Verlangen ist jedenfalls gerechtfertigt, wenn es sich um Einreisen von Touristen, Geschäftsreisenden etc. handelt. Allerdings führt gerade die Situation der Asylantragsteller dazu, dass sie in einem illegalen Kontext einreisen. Die Ursachen können unter anderem in Schengenmodus, in Dublin-2 und dem Schleppergeschäft verortet werden.
Wer so argumentiert wie Jörg Sigmund, der muss Auskunft darüber geben, warum er einem Asylantragsteller den Schutz verweigern will, nur weil der Pass in den Wirren der Flucht tatsächlich verloren ging. Er muss sagen, wie er solche Fälle differenzieren will von denen, wo der Pass absichtlich zurückgehalten wird. Und er muss sagen, wie er sicher echte von falschen Pässen unterscheiden will. Ohne solche Differenzierungen wird er den Stallgeruch der Fremdenfeindlichkeit nicht los, gegen den er sich so engagiert stemmt.

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