Samstag, 27. Juni 2015

Die Nähe der CSU zu den Rechtspopulisten der FPÖ

Analyse der Leitbilder der Parteien

Die CSU ist eine christlich-konservative Partei und rangiert damit im Spektrum etwa in einer Mitte-Rechts-Position. Die FPÖ fährt unter der Flagge "freiheitlich" und hat dies in einem Handbuch ausgeführt. Sie rangiert rechts und ihr wird Rechtspopulismus vorgeworfen.
"Christlich-konservativ" und "freiheitlich" klingen unterschiedlich. Allerdings stellt sich die Frage, wie weit die Positionen tatsächlich auseinander oder beisammen sind. Ausgangspunkt zur Beantwortung dieser Frage müssen die Grundwerte, Leitbilder etc. der Parteien sein.
 

Werte der CSU

Die Werte der CSU finden sich im Überblick auf der Website der Partei:
 
Jeder dieser Punkte wird weiter ausgeführt:
  • Bayern:
"Bayern ist unsere Heimat. Bayern ist das Land, in dem wir leben und das wir lieben. Bayern ist unvergleichliche Landschaft, gelebte Tradition, jahrhundertealte Kultur. Bayern ist Erfolg, Lebensqualität und Spitzenleistungen. Bayern – das sind Menschen voller Kreativität und Tatkraft, die ihre Zukunft selbst in die Hand nehmen. Wir haben uns diesem Land verschrieben. Wir machen eine Politik aus Bayern und für Bayern."
  • Fairness:
"Fairness ist ein Grundgebot in einer gut funktionierenden Gesellschaft. Fairness heißt: Wer Hilfe und Unterstützung braucht, soll auf die Solidarität der Gemeinschaft zählen können."
  • Familie:
"Die Familie muss im Zentrum stehen. Familien sind der kostbarste Schatz unserer Gesellschaft."
  • Lebensgefühl:
"Leben und leben lassen – das ist ein urbayerisches Motto. Wir in Bayern haben Freude an der Vielfalt, die das Leben in unserer Heimat bietet."
  • Sicherheit:
"Wir wollen gemeinsam dafür sorgen, dass das auch in Zukunft so bleibt. Mit beruflicher Sicherheit: durch eine starke Wirtschaft für sichere und hochwertige Arbeitsplätze. Mit sozialer Sicherheit: durch eine gute Absicherung im Alter und durch Unterstützung bei Krankheit oder Arbeitslosigkeit. Mit innerer Sicherheit: durch konsequenten Schutz vor Gewalt und Kriminalität."
  • Zusammenhalt:
"Bayern ist eine starke Gemeinschaft. Die Menschen in Bayern wissen, dass sie sich aufeinander verlassen können. Dass wir füreinander da sind, in der Familie, in der Nachbarschaft, im Verein. Dass bei uns keiner am Wegesrand zurückbleibt. Dass wir zusammenstehen und zusammenhalten, gerade wenn es darauf ankommt. Nirgendwo sonst sind so viele Menschen im Ehrenamt engagiert wie bei uns. Die gelebte Solidarität in Bayern ist der Kitt unserer Gesellschaft."
  • Freiheit:
"Bayern heißt nicht umsonst 'der Freistaat'. Freiheit hat für uns in Bayern schon immer einen besonderen Stellenwert. Und so machen wir auch heute Politik. Jeder soll frei von staatlicher Bevormundung seinen ganz persönlichen Lebensplan verwirklichen können. Zugleich wissen wir, dass Freiheit und Verantwortung ein Geschwisterpaar sind. Echte Freiheit muss von Verantwortung getragen sein, Verantwortung für sich selbst genauso wie für andere."
  • Stabilität:
"Bayern ist Vorbild in Sachen stabile Finanzen. Nicht nur in Deutschland, sondern auch für Europa. Europa braucht einen stabilen Euro. Deshalb darf es keine Eurobonds oder die Vergemeinschaftung von Schulden in Europa geben."
  • Chancen:
"Wir sind überzeugt, dass moderne Politik heute vor allem eine Aufgabe hat: den Menschen die besten Chancen für eine selbstbestimmte Zukunft zu eröffnen." 
 

Werte der FPÖ

Die Grundpositionen der FPÖ finden sich in ihrem Leitbild:
 
Diese Überschriften sind weiter ausgeführt, wobei ich die Zeile der Leitsätze ausspare:
  • Freiheit und Verantwortung:
"Freiheit und Verantwortung bilden den Kern persönlicher Entfaltung und unseres Gemeinwesens. Unser Freiheitsbegriff wurzelt in einer idealistischen Weltanschauung und sieht den Menschen nicht auf seine materiellen Bedürfnisse beschränkt.
Die Freiheit des Einzelnen findet ihre Grenzen in der Beschränkung der Freiheit des Mitbürgers."
  • Heimat, Identität und Umwelt:
"Wir sind uns der Verbundenheit mit unseren Vorfahren und der Verantwortung für unsere Nachkommen bewusst und wollen für nachfolgende Generationen eine Heimat bewahren, die ein selbstbestimmtes Leben in einer intakten Umwelt und eine positive Weiterentwicklung in Freiheit, Frieden und Sicherheit ermöglicht. "
  • Recht und Gerechtigkeit:
"Wir bekennen uns zu einem Rechts- und Sozialstaat, in dem Recht und Ordnung sowie soziale Verantwortung das Zusammenleben prägen. [...]
Unsere Sozialpolitik erhebt den Anspruch, vor Existenznöten, die sich durch Alter, Behinderung, Krankheit, Unfall, Arbeitslosigkeit oder durch schwere Schicksalsschläge ergeben können, zu schützen."
  • Familie und Generationen:
"Die Familie als Gemeinschaft von Mann und Frau mit gemeinsamen Kindern ist die natürliche Keimzelle und Klammer für eine funktionierende Gesellschaft und garantiert gemeinsam mit der Solidarität der Generationen unsere Zukunftsfähigkeit."
  • Wohlstand und soziales Gleichgewicht:
"Wir fördern Leistung in einer Marktwirtschaft mit sozialer Verantwortung, schützen das Privateigentum und stehen für eine gerechte Aufteilung von Beiträgen und Leistungen für die Allgemeinheit."
  • Gesundheit:
"Das Lebensrecht des Menschen, seine Gesundheit und seine Würde sind Nützlichkeitserwägungen nicht zugänglich. Deshalb darf der Mensch in seiner Existenz weder durch wirtschaftliche Erwägungen in Frage gestellt werden noch durch den Missbrauch von Medizin und Gentechnik oder durch Vernachlässigung im Rahmen von Krankheit oder Behinderung seiner Würde beraubt werden."
  • Sicherheit:
"Wir erachten Sicherheit als Grundbedürfnis und wichtige Voraussetzung für eine positive menschliche Entwicklung. Die Wahrung unserer Sicherheit setzt Selbstverteidigungsfähigkeit voraus. Wir bekennen uns daher zur bestmöglichen Ausbildung und Ausrüstung der Organe unserer Sicherheitsexekutive und des Bundesheers.
Bei der Bekämpfung des organisierten Verbrechens, des Banden- und Schlepperunwesens, des Drogenhandels, des Terrorismus, der Gewalt und anderer Kriminalitätserscheinungen hat der Staat seine Möglichkeiten entschlossen zu nutzen."
  • Bildung, Wissenschaft, Kunst und Kultur:
"Damit sich der Mensch in der Gesellschaft voll entfalten kann, bedarf er der geistigen Bildung, der bestmöglichen Aus- und Weiterbildung, einer Garantie der Lehr- und Lernfreiheit sowie der sozialen Chancengleichheit."
  • Weltoffenheit und Eigenständigkeit:
"Wir bekennen uns daher zu einer Außenpolitik, die sich an der Sicherung der Souveränität Österreichs und dem Ziel des Schutzes der Freiheit seiner Bürger orientiert. [...]
Neben Eigenständigkeit und Freiheit sind die Liebe zu unserer Heimat und den Menschen in unserem Land, die Pflege unserer Traditionen, unserer Identität und unserer Kultur Grundlage für unsere Weltoffenheit. Wer seine eigene Kultur und Herkunft schätzt, kann andere Kulturen aufrichtig achten [...]"
  • Europa der Vielfalt:
"Wir bekennen uns zu einem Europa der historisch gewachsenen Völker und autochthonen Volksgruppen und lehnen eine künstliche Gleichschaltung der vielfältigen europäischen Sprachen und Kulturen durch erzwungenen Multikulturalismus, Globalisierung und Massenzuwanderung entschieden ab. Europa ist nicht auf das politische Projekt der Europäischen Union zu reduzieren.
Wir bekennen uns zu einem Europa der selbstbestimmten Völker und Vaterländer und zur europäischen Zusammenarbeit nach den Grundsätzen der Subsidiarität und des Föderalismus."

Nähe der Werte

Bereits an den Überschriften lassen sich Ähnlichkeiten deutlich erkennen. Die Begriffe Familie, Freiheit und Sicherheit sind beiden Parteien eine eigene Überschrift wert. Die Ausführungen zu den anderen Überschriften zeigen, wie groß die inhaltliche Übereinstimmung ist.
Unterschiedlich ist die Wortwahl. Die CSU bleibt sauber, wenn man so will. Beispielsweise schreibt sie:
"Wir machen eine Politik aus Bayern und für Bayern."
Das Satzende "für Bayern" kann regional, als Bundesland gemeint sein. Es kann jedoch auch als Bezeichnung für die (endemische) Bevölkerung Bayerns, die Bayern, stehen.
Die FPÖ wird wesentlich eindeutiger:
"Wir bekennen uns zu einem Europa der selbstbestimmten Völker und Vaterländer [...]"
Trotz der teilweise unterschiedlichen Wortwahl der Parteien ist ihre inhaltliche Nähe unübersehbar.
 

Analyse der Politik der Parteien

Leitbilder sind das Eine, die tatsächliche Politik das Andere. Die Frage ist, welche Nähe gibt es im Tun der Parteien, wenn sie ihre leitbildlich ähnliche Position in der politischen Arbeit realisieren.
 

Griechische Schuldenkrise

Der Generalsekretär der CSU redet einem Ausscheiden Griechenlands aus der Euro-Zone das Wort:
"CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer sieht in der Verlängerung des Hilfspakets für Griechenland eine letzte Chance für Athen zum Verbleib in der Euro-Zone."
In das gleiche Horn stößt der bayerische Finanzminister Markus Söder in einem Artikel des Münchner Merkur:
"Ein Grexit wäre der ehrlichere Weg."
Die FPÖ sieht das genau so. Das Mitglied der Parteileitung Axel Kassegger erklärt in einem Artikel:
"Griechenland muss daher endlich aus der Eurozone ausscheiden und zur Drachme zurückkehren."
 

Asyl

Beide Parteien bekennen sich in ihren Leitbildern zum Asylrecht für politisch Verfolgte. Beide vermischen jedoch unter dieser Überschrift zwei Arten der Zuwanderung und nennen "Wirtschaftsflüchtlinge" in einem Atemzug mit Asylsuchenden. Die CSU fordert:
"Beim Thema Asyl gebe es in der CSU völlige Einigkeit, dass härter gegen Wirtschaftsflüchtlinge vorgegangen müsse, sagte Scheuer. [...] Es werde außerhalb Bayerns zu wenig darüber nachgedacht, wie man den Zustrom begrenzen könne, sagte Scheuer."
Die Position der FPÖ ist identisch, wird jedoch gleich mit einer Umsetzungsmöglichkeit verknüpft:
"Nicht nur wegen der unkontrollierten Migration von Wirtschaftsflüchtlingen seien Grenzkontrollen notwendig geworden"
Die CSU findet im Angesicht der Erfahrungen aus den Sicherheitsmaßnahmen zum G7-Gipfel diese Maßnahme zielführend:
"Als Konsequenz aus der großen Zahl der Aufgriffe bei den Grenzkontrollen während des G7-Gipfels werde der Minister 500 weitere Polizisten zur Schleierfahndung einsetzen."
Beide Parteien verwenden die Vokabel Asyl für echt Verfolgte sowie für jene, die aus anderen, vor allem wirtschaftlichen Gründen einwandern wollen und dabei den Asylantrag als Methode gewählt haben. Auch wenn beide Einwanderergruppen den gleichen Formularwust benutzen, die eine Gruppe dabei höhere Aussicht auf Erfolg hat als die andere, ist es höchst unlauter, wie die Parteien die Themengebiete vermengen.
Die Themengebiete lassen sich leicht vermengen, weil es in Deutschland und Österreich heftig kritisierte Einwanderungsregeln gibt. Es ist Einwanderungswilligen nur schwer möglich, außerhalb des Asylverfahrens legal einzuwandern. Dieses gesetzliche Defizit wird von beiden Parteien ausgenutzt.
 

Kriminalität

Beide Parteien sprechen sich für verstärkte Grenzkontrollen aus. Als Begründung dient nicht nur das Asylrecht, sondern Kriminalität insgesamt. Die CSU sieht Täterbanden:
"Zusätzlich werden 30 Beamte, die sich speziell um Menschenhändler und international agierende Täterbanden kümmern, eingesetzt. Insgesamt bedeutet das, dass die Grenze zu Österreich im Rahmen der Schleierfahndung mit täglich rund 100 Beamten der Bereitschaftspolizei zusätzlich überwacht werde."
Die FPÖ wird sprachlich deutlicher und spricht von Kriminaltourismus:
"Nicht nur wegen der unkontrollierten Migration von Wirtschaftsflüchtlingen seien Grenzkontrollen notwendig geworden, sondern auch wegen des immer stärker werdenden Kriminaltourismus, betonte Kickl."
Beide sehen in ausländischen Tätern eine besondere Gefahr.
 

Kalte Progression

Beide Parteien haben den Geldbeutel der Bürger entdeckt. Mühsam erarbeitete Verdienststeigerungen werden durch den Staat über Gebühr strapaziert und fallen der Steuer anheim. Die CSU sieht die Leistungsträger ausgebeutet und hat sich einen Abbau der kalten Progression gewünscht:
"'Durch die Abmilderung der kalten Progression schaffen wir mehr Leistungsgerechtigkeit und helfen allen Bürgerinnen und Bürgern', erklärte CSU-Chef Horst Seehofer."
Auch die FPÖ sieht bei der kalten Progression Handlungsbedarf und findet die kürzlich beschlossene Steuerreform in Österreich unzureichend:
"Es handle sich also bestenfalls um ein Nullsummenspiel - und die künftige kalte Progression werde durch diese Reform nicht gestoppt."
 

Maut

Obwohl Österreich bereits eine Maut hat und in Deutschland eine Maut erst eingeführt wird, haben beide Parteien Ausländer als die bösen Straßenabnutzer ausgemacht. Die CSU sieht die Maut als  Frage der Gerechtigkeit und freut sich, dass alle Nutzer zahlen:
"Ohne dass deutsche Autofahrer mehr belastet werden, müssen jetzt alle, die unsere Straßen nutzen, auch ihren Beitrag zu deren Erhalt leisten."
Der FPÖ geht es nicht um die Einführung einer Maut. Sie richten ihr Augenmerk auf Mautsünder:
"Zwischen 2010 und 2014 ist die Anzahl der ausländischen Mautsünder auf Österreichs Autobahnen um 31,5 Prozent gestiegen. Konnten 2010 noch 126.805 Mautsünder mit ausländischem Kennzeichen entdeckt werden, waren es im Vorjahr bereits 166.697."
 

Schlussfolgerung

Die Bespiele zur tatsächlichen Politik sind nicht erschöpfend. Es lassen sich weitere finden, die jedoch den Rahmen diese Beitrages sprengen würden. Zusammen mit den Parteileitbildern zeigen sie eindeutig, dass sich die beiden Parteien politisch nahe sind.
Der Vorwurf des Rechtspopulismus trifft die FPÖ häufig. Der CSU wird dies nur vereinzelt vorgeworfen, zum Beispiel im Januar 2014 vom designierten SPD-Vize Ralf Stegner:
"Ein Satz wie 'Wer betrügt, der fliegt' ist nah an der Rhetorik von NPD und AfD. Damit biedert sich die CSU rechtspopulistisch an."
Populismus ist ein Phänomen an der Oberfläche. Glänzend auf den ersten Blick, unschön beim näheren Hinsehen. Problematischer ist der Inhalt. Bei der FPÖ klar rechts. Durch die Nähe der politischen Inhalte der CSU zu den Inhalten der FPÖ kann ich nicht anders: die CSU ist rechter als nur mitte-rechts.  

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