Samstag, 20. Juni 2015

Der Mut des Mautministers Alexander Dobrindt

 
Alexander Dobrindt hat die ohnehin umstrittene Infrastrukturabgabe - vulgo "Maut" oder "Ausländermaut" in einen Gesetzentwurf gegossen und durch die parlamentarischen Instanzen gebracht.
 

Die Konstruktion der Infrastrukturabgabe

Bereits vor der Entwurf eingebracht worden war, wurde heftig diskutiert. Im Wahlkampf zur Bundestagswahl wurde von Angela Merkel ausgeschlossen, dass es eine PKW-Maut geben werde. Diese Aussage verhinderte jedoch nicht den Gesetzentwurf. Um die Maut den Bürgern überhaupt schmackhaft zu machen, sollte einerseits eine Maut erhoben, andererseits keine zusätzliche Belastung für deutsche KFZ-Halter erzeugt werden. Um diesen Spagat zu erreichen, wurde ein zweigleisiges Konzept gewählt:
  • Eine Infrastrukturabgabe, die alle bezahlen, die Straßen nutzen. Dazu sagt der Gesetzentwurf:
"Die Pflicht zur Zahlung der Infrastrukturabgabe besteht unabhängig von Staatsangehörigkeit oder Wohnort des Nutzers und unabhängig vom Ort der Zulassung des Kraftfahrzeugs. Alle Nutzer des deutschen Bundesfernstraßenwegenetzes tragen künftig bei der Infrastrukturabgabe in gleicher Weise zu dessen Finanzierung bei."
  • Eine Änderung an der Kraftfahrzeugsteuer, um die Belastung der Autohalter durch die Infrastrukturabgabe via Steuerentlastung zu kompensieren. Dazu sagt der Gesetzentwurf:
"Da Halter von in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Pkw und Wohnmobilen bereits über die Zahlung der Kfz-Steuer zur Finanzierung des Bundesfernstraßennetzes beitragen, werden in einem gesonderten Gesetzgebungsverfahren in das Kraftfahrzeugsteuergesetz (KraftStG) Steuerentlastungsbeträge aufgenommen. Damit ist sichergestellt, dass Halter von in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Pkw und
Wohnmobilen keine zusätzlichen Belastungen auferlegt werden."

Diskriminierung durch die Infrastrukturabgabe?

Bereits im Frühstadium der Konzeption war klar, dass eine Abgabe, die alle bezahlen, deutsche KFZ-Halter aber nicht belasten soll, nicht einfach mit EU-Recht in Einklang zu bringen ist. Denn nach einem der EU-Grundsätze darf es keine Benachteiligung auf Grund der Nationalität geben.
Nachdem der Gesetzentwurf verabschiedet und vom Bundespräsidenten unterzeichnet wurde, hat die EU - wie sie bereits vorher angekündigt hat - ein Vertragsverletzungsverfahren eröffnet. Daraufhin wurde die Umsetzung der Infrastrukturabgabe gestoppt. In einem Interview mit der Zeitung "BILD" hat der Minister diesen Stopp erklärt:
"Mit der Eröffnung eines Vertragsverletzungsverfahrens bremst die EU-Kommission die Umsetzung der Infrastrukturabgabe. Wir verhalten uns rechtsstaatlich und werden eine Gerichtsentscheidung abwarten."
Und er gibt sich siegessicher:
"Niemand wird diskriminiert, alle Pkw-Halter entrichten die Infrastrukturabgabe. Was wir mit der Kfz-Steuer machen, ist ausschließlich nationale Hoheit, Brüssel hat da keine Kompetenzen."
Ich fühle mich jedoch schon diskriminiert. Der Gesetzentwurf sagt über in Deutschland zugelassene Fahrzeuge:
"Die Infrastrukturabgabe muss grundsätzlich von allen Haltern von in der Bundesrepublik Deutschland zugelassenen Pkw und Wohnmobilen jeweils für ein Jahr entrichtet werden."
Also nur Jahresvignette. Für im Ausland zugelassene Fahrzeuge gibt es auch Kurzzeitmöglichkeiten:
"Halter von nicht im Inland zugelassenen Pkw und Wohnmobilen können zwischen einer sich ebenfalls an den spezifischen Fahrzeugeigenschaften bemessenden Jahresvignette oder einer Kurzzeitvignette zum Pauschalpreis von 10 Euro (10 Tage) oder 22 Euro (2 Monate) wählen."
Damit werden Halter in- und ausländischer Fahrzeuge unterschiedlich behandelt. Das ist auch dann eine Diskriminierung, wenn ich sie nicht im Geldbeutel spüre.
 

Wo ist der Mut des Alexander Dobrindt?

Man kann es als mutig bezeichnen, dass Alexander Dobrindt trotz des Gegenwindes aus dem In- und Ausland sich nicht hat beirren lassen. Er hat an seine Lösungskompetenz geglaubt und ist überzeugt, einen rechtlich zulässigen Entwurf vorgelegt zu haben. Dies bekräftigt er kämpferisch im oben zitierten Interview:
"Ich werde mit Brüssel eine harte Auseinandersetzung führen."
"Nein. Die Pkw-Maut wird kommen. Bundesregierung, Bundestag und Bundesrat haben EU-konforme Gesetze beschlossen."
Nun frage ich mich jedoch, warum er dann die Umsetzung gestoppt hat. Das ist nur dann erklärlich, wenn er insgeheim doch mit einem Nein der EU rechnet. Würde er die Umsetzung unvermindert betreiben, könnte bereits ab dem Jahr 2016 die Abgabe erhoben werden. Wenn er zuwartet, dürfte es 2017 werden. Ihm entgehen so dringend benötigte Millionen. Würde er die Abgabe umsetzen und die EU sagt am Ende des Vertragsverletzungsverfahrens Nein, müsste er die Gelder zurückzahlen. Seine Vollbremsung beweist erhebliche Mutlücken.
 

Zeigen Sie Mut, Herr Dobrindt!

Im Interview sagt der Minister:
"Was wir mit der Kfz-Steuer machen, ist ausschließlich nationale Hoheit."
Die EU hat doch genau wegen der Verknüpfung der Infrastrukturabgabe einerseits und der Steuerentlastung andererseits das Vertragsverletzungsverfahren eröffnet. Wären Sie, Herr Dobrindt, wirklich so mutig, wie Sie klingen, dann würden Sie die Unabhängigkeit der beiden Komponenten beweisen und von Ihrer nationalen Hoheit Gebrauch machen. Führen Sie die Steuerreduktion ein. Jetzt. Beweisen Sie damit der EU, dass die Infrastrukturabgabe alle belastet. Bleiben Sie Sieger. Der Bundeshaushalt wird das reduzierte KFZ-Steueraufkommen für ein Jahr aushalten.
 

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