Dienstag, 30. Januar 2018

Populistische Braunheit

Michael Pohl fragt in der Ausgabe vom 30.1. der Augsburger Allgemeinen, wie braun die FPÖ sei:


Die FPÖ

Michael Pohl bezeichnet es als riskante Strategie, wenn der österreichische Bundeskanzler Kurz mit "Einbindung der FPÖ in die Regierungsverantwortung versucht", den Aufstieg der Populisten zu stoppen. Der zu zahlende Preis sei hoch:
"In vielen Punkten hat die ÖVP die Positionen der FPÖ übernommen, in anderen Feldern herrscht FPÖ-Politik pur."
Garniert wird das Ganze durch "braune neonazistische Skandale, wie das widerliche, den Holocaust verherrlichende Lied der Burschenschaft 'Germania'". Zu Zur Ergänzung hier ein Auszug aus dem Bericht des Falter, der die fragliche Passage aus dem "Lied" am 23.1. veröffentlicht hat:
"'Da trat in ihre Mitte der Jude Ben Gurion: ,Gebt Gas, ihr alten Germanen, wir schaffen die siebte Million.‘' So steht es geschrieben auf Seite 182 des Liederbuchs der pennalen Burschenschaft Germania zu Wiener Neustadt, einer Mittelschulverbindung mit dem einschlägigen Leitspruch 'Deutsch und treu in Not und Tod'. Die nächste Liedstrophe ist nicht weniger unappetitlich: 'Da schritt in ihre Mitte ein schlitzäugiger Chines’: ‚Auch wir sind Indogermanen und wollen zur Waffen-SS.'"
Dem Sauflied "Es lagen die alten Germanen" seinen "ein paar Strophen dazugedichtet" worden - so ein Spaß! Die FPÖ sieht das weniger schlimm:
"Was sagt die FPÖ zu alledem? 'Es stimmt, dieses Liederbuch gibt es', bestätigt der Sprecher des niederösterreichischen Spitzenkandidaten. Es sei aber in den 1980er- und Anfang der 1990er-Jahren produziert worden, 'lange vor Eintritt Udo Landbauers bei der Burschenschaft Germania. Seit er dort Mitglied ist, kennt er das Liederbuch nur mit herausgerissenen Seiten und geschwärzten Stellen.'
Doch das ist nicht die ganze Wahrheit: denn das Liederbuch inklusive antisemitischen Inhalts wurde noch im Jahr 1997 neu überarbeitet in Druck geschickt. Das belegen datierte Zeichnungen in dem Büchlein."
Michael Pohl schreibt richtig, der Ausgang des österreichischen Regierungsexperiments sei noch nicht absehbar. Sehr wohl absehbar ist die im Titel des Kommentars gestellte Frage, wie braun die FPÖ sei: Durch und durch. An einigen Stellen vermag blauer Lack das stinkende Blubbern ein wenig zu übertünchen. Dennoch brodelt die braune Brühe. Wenn's ganz schlimm wird und ein braunes Fettauge auf der blauen Oberfläche geplatzt ist und die Umgebung besudelt hat, war es ein Einzelfall, der keinesfalls geduldet würde. Auch das nur Oberflächenkosmetik.

Die AfD

Die Ähnlichkeit in den Methoden ist bei AfD und FPÖ unübersehbar. Alexander Gauland räumte die braune blubbernde Brühe selbst ein, als er die AfD als gärigen Haufen bezeichnete. Auch bei der AfD treibt es braune Fettaugen nach oben, die spritzend platzen. Auch dann kommt der Hinweis auf Einzelmeinungen, die keinesfalls Parteimeinung seien. Echte Konsequenzen gibt es nicht, wie das Beispiel Björn Höcke deutlich zeigt.
Die AfD hat es wie die FPÖ geschafft, ihre Themen prominent in der politischen Landschaft zu positionieren und so einen Großteil der Diskussion zu bestimmen. Den etablierten Parteien ist bisher kein Mittel eingefallen, dem Einhalt zu gebieten, weswegen ich von einer Offenbarung des Versagens schrieb. Im Gegenteil: Michael Pohl weist darauf hin, dass die ÖVP Positionen der FPÖ in das Regierungsprogramm übernommen hat. Es wurde nicht einmal der Versuch unternommen, eine andere Politik zu betreiben. Die ÖVP hat sich also nicht nur die Themen, sondern auch die "Lösungen" aufschwatzen lassen, und kann das Versagen mit dem Sieg in der Parlamentswahl auch noch als Erfolg verkaufen.
In Deutschland ist nicht zu erwarten, dass in den nächsten Jahren die AfD an einer Regierung beteiligt wird - gut so. Allerdings versucht die CSU, in Gefilden der AfD zu angeln, nicht nur, was die Wähler angeht, sondern auch bei der Interpretation der Problemfelder und bei der Lösungsfindung. Dabei versucht sie, dennoch eine Abgrenzung zur AfD hinzubekommen. Insgesamt wirkt das Ganze dann äußerst verkrampft, wie sich im Parlament und in dessen Umfeld zeigt.
Die braune Brühe wird man nicht los, wenn man den Deckel draufhält. Die braune, gärige Brühe wird Deutschland nur los, wenn es sich den politischen Aufgaben stellt und brauen "Lösungen" als das ächtet, was sie sind: ein brauner Haufen.

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