Samstag, 25. November 2017

Kein "Weiter so!"

Walter Roller hat in der Augsburger Allgemeinen vom 25.11. den Machtkampf in der CSU kommentiert:


Walter Roller beschreibt die Situation in der CSU treffend:
"Ausgerechnet die CSU, deren große Stärke über Jahrzehnte hinweg die Geschlossenheit im Ernstfall war, bietet ein Jahr vor der Landtagswahl das Schauspiel eines mit brutaler Härte geführten, selbstmörderischen Machtkampfes."
Es wurde den ganzen Tag diskutiert:
"Doch am Ende eines langen, von 'Kameradschafts'-Appellen geprägten Tages zauberte der Meister des politischen Strippenspiels nur einen Rat der CSU-Weisen aus dem Hut, der ihm nun – hört, hört! – zur Seite stehen soll beim Entwurf einer 'befriedenden Zukunftslösung'."
Es kreißte der Berg und gebar: ein Strippenspiel mit dem Titel:
"Niemand weiß, was Seehofer im Schilde führt."
Der Kampf zur Bundestagswahl wurde geführt mit dem Hashtag #Klartext. Nach dem Wahlkampf wird klar, dass die CSU diesen Begriff für sich selbst nicht (er)füllen kann. Sie will zwar "keinen Königsmord auf offener Bühne", jedoch scheut sie auch "die offene Feldschlacht". Dabei sei die "Ersatzbank der CSU ist mit Söder, Aigner, Weber, Herrmann, Dobrindt ordentlich bestückt".
Ordentlich ist eine bemerkenswerte Vokabel für diese Ansammlung politischer Figuren. Herrmann als bayerischer Innenminister, der auf den harten und durchsetzungsstarken Staat setzt. Dobrindt, der sich im neuen Bundestag als Landesgruppenchef um Absicherung der rechten Flanke zur AfD bemüht und sich nicht scheut, auf deren Gebiet zu agieren. Und Söder, der seine Macht und seine Schar als Tänzer auf vielen Hochzeiten und großzügiger Gönner ausgebaut hat.
In einem Interview mit der AZ meinte Politikwissenschaftler Werner Weidenfeld:
"Den Leuten weiterhin einen Hahnenkampf vorzuführen, damit sind sie auch in Bayern nicht erfolgreich. Dessen sind die Wähler überdrüssig."
Nicht nur des Kampfes kammgeschwollener Hähne sind die Wähler überdrüssig. Ebenso überdrüssig sind sie des Hin und Hers, das die CSU im Wahlkampf bot. Rote Linien, die dann keine waren, Stichwort Obergrenze. Mal für, mal gegen Merkel.
In einem anderen Bericht der AZ schreibt Uli Bachmeier:
"Zu dem Bild von dem Mann, der am Abgrund steht, gesellt sich gestern noch eine zweite Parabel, mit der Seehofers Kritiker und Söders Unterstützer sich Mut machen. Ein erfahrener Parteistratege erzählt sie so: 'Wir haben das Problem alter Löwe – junger Löwe. In der Natur gewinnt immer der junge Löwe – es ist nur die Frage, wann der alte Löwe in der Einsamkeit verschwindet.'"
Schön wär's, denn dann ist Ruhe. Doch das ist nicht zu erwarten, wie immer die Personaldiskussion ausgehen wird. Denn: in einem Jahr ist Landtagswahl.
Martin Ferber kommentiert in der gleichen Ausgabe der AZ:


Martin Ferber schreibt:
"Doch es geht weder um Merkel und Schulz, sondern um Deutschland und Europa. Es wird höchste Zeit, den politischen Stillstand zu überwinden und eine stabile, handlungsfähige Regierung zustande zu bringen."
Ja, das ist der Kontext, in dem der Machtkampf der CSU aufgeführt wird. Und der dämmernde Wahlkampf für die Landtagswahl 2018. Walter Roller schreibt:
"Sie [die CSU, Anm.] steht 2018 in Bayern vor der nahezu unlösbaren Aufgabe, die alleinige Macht gegen sechs Parteien (SPD, Grüne, FDP, AfD, Freie Wähler, Linke) zu verteidigen. Das ist, wenn überhaupt, nur mit geschlossenem Auftreten und einem neuen Spitzenkandidaten zu schaffen, der Erneuerung und frischen Wind verkörpert."
Das sind erschütternde Aussichten. Die CSU wird bis zur Wahl ihren Fokus in Bayern haben, um die alleinige Macht zu verteidigen. Wie bisher schon wird sie in der AfD ihre ärgste Widersacherin sehen und sich von ihr dennoch die Themen oktroyieren lassen und ihre "Lösungen" kopieren. Damit bekommt Merkel nicht, was sie will und was Deutschland und Europa braucht. Noch schlimmer wird es, wenn sich die CSU auf das Mindeste (Walter Roller) einigen kann:
"Teamgeist ist das Mindeste, was so ein Tandem im Wahljahr haben muss – sonst geht der Schuss für die CSU nach hinten los und der Streit weiter."
In einer Koalition mit der CSU bekommt Merkel einen unter innerem und äußerem Druck stehenden Partner, der sehr mit sich selbst beschäftigt ist und dabei Deutschland und Europa Bayern unterordnet. Eine "stabile, handlungsfähige Regierung", die in der Lage ist, sich "um Deutschland und Europa" verdient zu machen, lässt sich allein aus CDU und SPD bilden - die Mehrheiten im Bundestag geben dies her. Das wäre auch ein klares Signal an Europa, dass in Deutschland kein Rechtsruck bevorsteht. Eine Wohltat in Anbetracht der Entwicklungen in einigen Ländern Europas, zuletzt in Österreich.

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