Mittwoch, 4. November 2015

Orbán ist kein Waisenknabe

Rudi Wais hat einen Artikel veröffentlicht, in dem er auf Defizite beim wertorientierten Handeln in der Politik hinweist:


Ohne Zweifel zeigt Rudi Wais Scheinheiligkeiten im Handeln deutscher Politiker auf. Diese Liste ließe sich fortsetzen.
An einem Punkt muss ich jedoch widersprechen: Rudi Wais vergleicht Viktor Orbán mit Erdogan und kommt zu dem Schluss, Orbán wirke wie ein Waisenknabe. Viktor Orbán ist kein Waisenknabe. Er ist ein übler Zeitgenosse, der zwar christliche Vokabeln bemüht, aber ein fragliches Verhältnis zu Werten hat. Während Erdogan ungeniert demokratische Grundfeste ignoriert, kommt Orbán unauffälliger daher.
Wes Geistes Kind Orbán ist, zeigt sich in einer Rede bei der Vorstellung der Diskussionsschrift Zeichen der Zeit. Einige Auszüge daraus:
"Europa ist verraten worden, und wenn wir uns nicht für dieses Europa engagieren, dann wird man uns dieses Europa wegnehmen. Dieses Europa wird nicht mehr das Europa der europäischen Bürger sein, sondern es wird die rauschhaften Träume einiger gut organisierter – wenn Sie jetzt an die Soros-Stiftung denken, dann ist dieser Gedanke nicht unbegründet –, einiger gut organisierter, große Gelder hin- und herbewegender, über die Rahmen der Nationalstaaten hinaus denkender Aktivisten, von niemandem gewählter Führer erfüllen."
Orbán schwadroniert von Aktivisten, die große Gelder hin- und herbewegen, nicht gewählt seien. Er nennt die Soros-Stiftung. Diese Stiftung gehört zu George Soros, ein Mann ungarischer und jüdischer Herkunft. Ohne es explizit auszusprechen bringt Orbán die unsägliche Idee eines international agierenden Finanzjudentums auf's Tableau.
Weiter fabuliert Orbán:
"Wer hat die europäischen führenden  Politiker damit beauftragt, auf Grund welcher Ermächtigung geschieht das, dass sie zu Hunderttausenden die von der europäischen Kultur abweichenden Gruppen nicht einfach auf den europäischen Kontinent hereinlassen, sondern sie hineintransportieren? Auf eine Weise, dass langsam unsere europäische kulturelle Identität in Frage gestellt wird."
Er unterstellt, die Flüchtlinge würden nicht einfach hereingelassen, sie würden sogar hereintransportiert. Da schimmert verschwörungstheoretisches durch. Später wird er konkreter mit seiner Behauptung:
"[...] doch die Antwort kann von unserer Seite aus nur sein, dass wir entgegen dieser Verschwörung, diesem Verrat uns an die Demokratie, an das Volk wenden müssen, und wir müssen erreichen, dass wir die europäischen Menschen, ganz gleich ob als europäische Menschen oder als Bürger der Nationalstaaten auf irgendeine Weise zu Worte kommen lassen, damit diese Menschen sagen können, dass sie das, was geschieht, nicht wollen [...]"
So spricht kein Waisenknabe. So spricht jemand, auf den wir ein wachsames Auge richten müssen.

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