Montag, 28. Dezember 2015

I wünsch mir a stade Zeit

Joachim Herrmanns Irrlicht

Vor einigen Wochen hat der deutsche Innenminister Thomas de Maizière anlässlich der Anschläge in Paris gesagt, er könne bestimmte Fragen nicht beantworten, weil die Antworten die Bevölkerung beunruhigen könnten. Naja. In Bayern ist das anders. Da beunruhigt mich der Innenminister Joachim Herrmann mit dem, was er sagt.
Die Augsburger Allgemeine berichtet über Herrmanns Forderung, die Grenzen selbst zu bewachen:

 
Joachim Herrmann habe kein Verständnis, dass der Bund sein Angebot abgelehnt habe. Nach einer im Artikel erwähnten Sprecherin des Bundesinnenministeriums sei für die Grenzsicherung allein der Bund zuständig. In einem Artikel der Welt behauptet Joachim Herrmann, Bayern könnte mit einer einfachen Zustimmung des Bundesinnenministeriums die Grenzen selbst kontrollieren.
Joachim Herrmann bietet die Sicherung der Grenzen durch bayerische Polizisten an. Im September war wegen der Grenzsicherung noch von einer Überlastung der Polizei die Rede mit der Folge, bestimmte Dinge würden in den Dienststellen liegen bleiben. An anderer Stelle wurde geschrieben, es könnten sogar Bundesligaspiele ausfallen. Beides stellte Herrmann damals in Abrede.
 

Jürgen Marks' Kerzelein

Dem Artikel stellt Jürgen Marks einen Kommentar zur Seite:
 
 
Er schreibt:
"Wer in die USA einreisen will, muss allerlei persönliche Informationen preisgeben. Sogar den Namen seiner Eltern."
Und weiter unten:
"Vielleicht übertreiben die US-Behörden die Kontrollen aus Furcht vor weiteren Attentaten."
Jürgen Marks vergleicht hier allen Ernstes die legale und streng kontrollierte Einreise in die USA mit Einreisen, die in der AZ immer wieder als illegale Einreisen bezeichnet werden. Das "Flüchtlingsproblem" sind ja nicht die Einreisenden, die an einem Flughafen- oder Schiffsterminal geordnet ankommen, sondern diejenigen, die zu Fuß einreisen, teilweise auf Feldwegen. Die vielen einreisenden Terroristen, die "immer mehr Deutschen Angst" manchen, werden, nachdem sie ihren gefälschten Pass vorgelegt haben, sicherlich den Namen der Eltern wahrheitsgemäß angeben. Jeder mit einem gefälschten Pass ist ohnehin ein Terrorist, keinesfalls jemand, der seine Asylchancen erhöhen möchte durch den Pass eines asylwahrscheinlichen Herkunftslandes.
Diese Sätze von Jürgen Marks sind kein Kommentar. Sie sind ein Papageienecho auf die Vorschläge von Joachim Herrmann. Als Journalist hätte er beispielsweise zwei Punkte aufgreifen können:
  1. Zuständigkeit
    Nach §2 (1) des Bundespolizeigesetzes "obliegt [Anm. der Bundespolizei] der grenzpolizeiliche Schutz des Bundesgebietes (Grenzschutz), soweit nicht ein Land im Einvernehmen mit dem Bund Aufgaben des grenzpolizeilichen Einzeldienstes mit eigenen Kräften wahrnimmt." Nach Abs. (3) des Paragrafen ist hierfür eine "schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Bundesministerium des Innern und dem beteiligten Land herzustellen, die im Bundesanzeiger bekanntzugeben ist". Abs. (4) ergänzt, dass sich hierbei "die Durchführung der Aufgaben nach dem für die Polizei des Landes geltenden Recht" richtet.
    Konklusio: Bayern könnte selbst die Grenzen sichern, wenn der Bund zustimmt.
  2. Ressourcenverfügbarkeit
    Der Bayerische Landtag beschäftigte sich am 15. Oktober 2015 in einer aktuellen Stunde mit der Überlastung der Polizei. Im Protokoll der Sitzung wird eine mögliche Ursache für die Beanspruchung der bayerischen Polizei genannt, auf die Jürgen Marks hätte eingehen können:
"Woher kommen die Probleme? Es gibt zu wenige Bundespolizisten und zu wenig Bereitschaftspolizei in den anderen Bundesländern. Das ist uns klar. Deswegen müssen bayerische Polizeibeamte – trotz der nicht mehr zu bewältigenden Lage in Bayern; wir haben es gehört – nach wie vor bei Großveranstaltungen, Demonstrationen und Fußballspielen außerhalb Bayerns helfen. Für die anderen Bundesländer rechnet es sich anscheinend, dass sie ihre Bereitschaftspolizei abgebaut haben. Aber unser Freistaat – im Konkreten: die Bayerische Staatsregierung – trägt das mit."
Wie's schon in der Überschrift steht: I tät mir a stade Zeit wünschn, wo i net a solchenes Gschwätz hörn muass.

Ergänzung am 29.12.2015: Nur einen Tag später, in der heutigen Ausgabe der AZ ist auf Seite 3 eine ganzseitige Reportage über die Belastung der Polizei und die Ursachen.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen