Sonntag, 13. Dezember 2015

Deutschland ist nicht immun gegen simple rechte Lösungen

Walter Roller sieht in seinem Leitartikel das Potential für den Aufstieg einer populistischen Partei:


Er hat Recht, das Potential ist zweifelsohne vorhanden. Allerdings bin ich nicht so optimistisch, was die Resistenz gegen die rechte Versuchung und das Lernen aus der Historie angeht. Was wäre, wenn ein Rechtspopulist im Stile Karl-Theodor zu Guttenberg aufträte und mit weichen Worten die rechte Härte verkündete? In Österreich gelingt es Heinz-Christian Strache, sich beispielsweise durch Disco-Besuche bei der Jugend anzubiedern. Er beherrscht das Spiel, dumpfe braune Blasen durch entsprechende Protagonisten in der FPÖ aufsteigen zu lassen und sich selbst anschließend davon scheinheilig zu distanzieren. So stellt er sich selbst als national dar, lässt in seiner Partei aber auch die richtig rechten Recken ein Zuhause finden. Er ist somit ein Beispiel dessen, was Walter Roller als "gemäßigt auftretende, national-konservative Partei" umschreibt.

Dem Leitartikel von Walter Roller stelle ich einen von Birgit Holzer aus der gleichen Woche zur Seite:

Beide beschreiben die Sorgen der Bevölkerung. Walter Roller schreibt:
"Die Rechte verachtet das politische Establishment, ist gegen Einwanderung und gegen Europa, predigt einen auf Abschottung ausgerichteten Nationalismus. Die Rechte schürt die Angst vor Überfremdung und dem Verlust nationaler, kultureller Identität. Sie profitiert von der Verunsicherung, die durch den Flüchtlingsansturm und den islamistischen Terror verstärkt wird."
Birgit Holzer klingt ähnlich:
"Das Ergebnis drückt Wut, Fatalismus und Angst aus - Angst vor der Globalisierung, dem sozialen Absturz, vor Ausländern und Terroristen."
Damit ist das Angstfeld der Bevölkerung gut umrissen. Beide schreiben weiter, die Politik müsse erneuert werden, müsse endlich Lösungen liefern.
Stimmt. Sehr treffend hat das Manfred Nowak zur europäischen Situation hinsichtlich der Flüchtlinge ausgedrückt (Zitat beispielsweise hier, ein Bericht zur Veranstaltung des Mediangipfels in Lech hier):
"Europa hat kein Flüchtlingsproblem, es gibt aber ein großes Problem der Flüchtlingspolitik."
Die Aufgabe ist jedoch noch größer. Es wird nicht reichen, mit glaubwürdigem Personal politische Lösungen zu schaffen. Denn politische Lösungen sind nie die einfachen Lösungen, die aus kleingeistigen rechten Hirnen emporwallen und mit zum Erfolg der Rechtspopulisten beitragen.
Ein schönes Beispiel liefert Martin Paesler in seinem Leserbrief zum Klimawandel:

Natürlich steht es ihm zu, am Klimawandel zu zweifeln. Dafür könnte er auf diverse Wissenschaftler verweisen - auch wenn die in der Minderzahl sind. Wenn er jedoch "einfach nur ein Geschenk des Himmels, bzw. der Sonne" sieht, die "uns eine wärmere Epoche schenkt", hat er nicht verstanden, um welche Folgen es geht, wenn der Klimawandel eintritt. Seine Analyse:
"Computermodelle, die alle den gleichen Fehler haben: Sie taugen nichts."
Es wird eine herkulische Aufgabe, solchen unterirdischen Denkschemata argumentativ zu begegnen.

Ein weiteres Beispiel liefert Barbara Fricke in ihrem Leserbrief zum Vorschlag, das Wahlrecht für 16jährige zu öffnen:

Sie sieht die Jugendlichen "mehr beeinflussbar". Mehr als wer? Hat nicht gerade der Hype um zu Guttenberg gezeigt, dass Erwachsene ebenfalls leicht beeinflussbar sind? Die falschen Versprechungen liefern auch Rechtspopulisten, wenn sie einfache Lösungen anbieten. In Anbetracht der rechten Wahlerfolge müssten mit dem Argument von Frau Fricke einige Erwachsene ihr Wahlrecht verlieren.
Das verzwickte ist ja, dass der Bevölkerung politische Lösungen glaubwürdig präsentiert werden müssen und die Bevölkerung die Komplexität des Problems und der Lösung verstehen muss. Dazu muss bereits früh in der Kindheit und Jugend begonnen werden mit Bildung. Ich hoffe inständig, dass die von Walter Roller ausgesprochene "historische Lektion" solange vorhält.

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